Jüdisch-christlicher Dialog
Video: Kritische Auseinandersetzung mit Luther als vertrauensbildende Maßnahme
Bildquelle: Simon Schäfer
30.10.2021
epd/red
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„In diesem Festjahr `1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland´ halte ich es für wichtig, über das Judentum zu informieren. Wenn das an so prominenter Stelle geschehen kann, ist das gut“, sagt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Mit seiner Aussage in dem Youtube-Film auf EKHNtv bezieht sich Josef Schuster auf seinen Auftritt als Hauptredner während des Festaktes zum Reformationstag am 31. Oktober 2021 ab 18 Uhr in der Wiesbadener Lutherkirche (Anmeldung erforderlich). Die Veranstaltung wird auch live auf ekhn.de übertragen.
Würdigung von Luthers wegweisenden Impulsen – und Entsetzen über seinen Judenhass
Am 31. Oktober erinnern die evangelischen Kirchen an den Thesenanschlag Martin Luthers. Damit hat sich der Reformator gegen die Praxis der damaligen katholischen Kirche gewandt, dass das Seelenheil käuflich sein könne, in Form des Ablasshandels. Durch seinen Protest hat der Reformator fruchtbare Impulse gesetzt und seine Bibelübersetzungen haben die deutsche Sprache bis heute beeinflusst.
Doch es sind auch Aussagen von Martin Luther überliefert, von denen sich viele Menschen heute mit tiefem Entsetzen abwenden, auch Dr. Ulrich Oelschläger, Präses der EKHN-Synode: „Das sind solche widerlichen Dinge, die sprechen für sich.“ So wurden Luthers Ressentiments auch von radialen Nationalisten aufgegriffen, beispielsweise propagierten nationalsozialistischen Deutschen Christen zwischen 1933 und 1945 Luthers Judenhass. Präses Oelschläger sowie viele weitere Christinnen und Christen haben sich intensiv mit diesem dunklen Bereich der Kirchengeschichte auseinandergesetzt. Das hat u.a. dazu geführt, dass die EKHN im Jahr 1991 ihren Grundartikel um das Bekenntnis zur „bleibenden Erwählung der Juden und Gottes Bund mit ihnen“ ergänzt hat. Die EKHN-Synode hat sich 2014 von Luthers Judenschriften ausdrücklich distanziert.
Josef Schuster würdigt kritische Auseinandersetzung der Kirchen mit Luther
Der Youtube-Film zeigt, wie der Zentralratspräsident Josef Schuster die kritische Auseinandersetzung der evangelischen Kirchen erlebt: „Ich hatte wirklich Sorge, dass das Reformationsjubiläum 2017 zu einem Jubeljahr wird. Aber ich zolle den evangelischen Kirchen höchste Anerkennung dafür, dass sie sich mit Martin Luther und den Schattenseiten auseinandergesetzt haben. Ich glaube, das war im höchsten Maße eine vertrauensbildende Maßnahme zwischen der evangelischen Kirche und jüdischen Gemeinden.“ Gegenüber dem Nachrichtendienst epd hatte Josef Schuster auch betont, dass "Pfarrer sich auch auf der Kanzel sich selbstkritisch überprüfen sollten, wo sie, vielleicht unbewusst, antisemitische Vorurteile schüren oder weitergeben." Auch in einzelnen Kirchengemeinden sollten alte antisemitische Stereotype, die die Kirchen jahrhundertelang verbreitet hätten, endgültig abgeräumt werden.
Wurzeln des Christentums liegen im Judentum
Bewegt bringt Präses Oelschläger dem Zentralratspräsidenten Josef Schuster größten Respekt entgegen: „Das ist eine ganz große Ehre, dass Josef Schuster zu uns kommt.“ Der frühere Studiendirektor und studierte Judaist Ulrich Oelschläger erklärt: „Wir müssen uns bewusst sein, dass wir jüdische Wurzeln haben, dass die Bewegung, die Jesus ausgelöst hat, eine innerjüdische Bewegung war. Erst im Laufe der Zeit haben sich Christentum und Judentum voneinander entfremdet.“ Der Reformationstag 2021 bietet die Chance, einen weiteren Schritt aufeinander zuzugehen.
Grundartikel der EKHN bezieht Juden mit ein
Stream über den Festakt am 31.10.2021 ab 18 Uhr
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