Sechs Tipps, wie man Stress im Job vermeidet

Den ganzen Tag im Stress und trotzdem das Gefühl: Ich habe nicht das geschafft, von dem, was ich mir vorgenommen habe. Handy, E-Mail, soziale Medien und die Cloud machen die Arbeitswelt schneller, eigentlich ein Vorteil. Aber nicht immer, denn die Reaktionszeiten haben sich verkürzt. Mit den Herausforderungen der Arbeitswelt ist auch das Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision (IPOS) der EKHN konfrontiert. Es wird von beiden Seiten aufgesucht, wenn sie Probleme haben: Arbeitnehmerund Arbeitgeber. Dabei sind die Branchen unterschiedlich, sie kommen beispielsweise aus Kirche und freier Wirtschaft.
Weniger Personal, trotzdem soll alles schneller gehen
Dabei erleben die Mitarbeitenden im IPOS nicht nur durch die Nachrichten, sondern auch durch direkte Gepräche: Das Personal wird immer stärker ausgedünnt. Wenn dann auch noch die Erwartungshaltung steigt, kann es unangenehm werden. Wenn jemand beispielsweise morgens eine E-Mail sendet und erwartet, dass die oder der Empfänger:in sofort reagiert, kann das zu Stress führen. Es sind ja noch andere Dinge zu tun. Dann ist Multitasking angesagt: Schnell noch die Rechnung schreiben, zwischendrin nach den Mails schauen und mit dem Kollegen telefonieren. Bei all dem Durcheinander passiere es schnell, dass man denkt: „Moment, wo war ich denn?“ Wenn eine Aufgabe unterbrochen wird, muss die Konzentration ganz neu aufgebaut werden. Das kostet Kraft und Nerven.
Sechs Tipps zu mehr Gelassenheit im Job
Tipp 1: Schnelle Kommunikation nutzen
Der erste, einfache Tipp: Die schnelle Kommunikation mit ihren eigenen Waffen schlagen. „Es ist ein großer Vorteil der neuen Medien, sich schneller auszutauschen und präziser nachfragen zu können. Man kann so eine Sache in zwei Tagen vom Tisch haben“ – und damit auch aus dem Kopf. Und nicht bei alle Aufgaben und Informationen ist es sinnvoll, sie selbst zu erledigen - ruhig auch mal delegieren.
Tipp 2: Die Woche planen
Kurz bevor man sich am Freitag nach Hause aufs Sofa und ins Wochenende stürzt, sollte man sich doch noch eine halbe Stunde nehmen: Welche Aufgaben muss ich nächste Woche erledigen? Welche Telefonate führen? Welche Termine stehen an? Und vor allem: Wann will ich das alles tun? Dann am besten Gleiches zu Gleichem: Zum Beispiel montags alle Telefonate hintereinander führen, dann ist am Dienstag Ruhe zum arbeiten da - und das Telefon stört nicht die ganze Zeit.
Tipp 3: E-Mail-Zeiten
Auch wenn das Gefühl oft entsteht: In 95 Prozent der Fälle muss man nicht direkt auf eine Mail reagieren. Besser: Sich einen festen Rhythmus geben - Mails checken ist zum Beispiel nur morgens, nach der Mittagspause und vor dem Feierabend dran. Das Aufblinken für neue Mails sollte am besten ausgeschaltet sein, so erliegt man der Versuchung nicht mehr. Während der Mail-Zeiten dann nach dem Subito-Prinzip arbeiten: Was sich sofort erledigen lässt, lieber nicht aufschieben. Es ist ein cleveres Prinzip, kleine Aufgaben sofort zu bearbeiten und die Sachen vom Tisch zu haben. Nach Bauz kann man die Mails grob in drei Kategorien einteilen: ein Drittel kann sofort in den Papierkorb, das zweite Drittel verlangt nur eine kurze Antwort und ein letztes Drittel muss richtig bearbeitet werden. Diese Mails lassen sich einfach wie Aufgaben in den Tagesplan einplanen.
Tipp 4: Vertretung organisieren
Wenn man Ruhe braucht, einfach mal einen Kollegen bitten: Kannst du nicht für eine Stunde Telefon, E-Mail und Handy übernehmen? Der Kopf ist frei für wichtige Aufgaben und trotzdem muss man sich keine Sorgen machen, dass dringende Anfragen untergehen. Der oder die Mitarbeiende schützt sich in dieser Zeit, dann ist sie oder er in 60 Minuten eben nicht erreichbar.
Tipp 5: Absprachen
Neue Verhaltensweisen lassen sich nicht nicht allein verändern. Das kann nur funktionieren, wenn man es abspricht. Erste Adresse: die Kollegen. Wenn das Gegenüber weiß, dass man gelassener an die Arbeit herangehen will, ist das Verständnis vermutlich größer. Manchmal muss ausgehandelt werden: Wie willst du das machen? Wenn die Typen unterschiedlich sind, sollte die jeweiligen Stärken ausgespielt werden. Noch dazu kommt: Wenn sechs Leute in einer Abteilung sagen, dass sie ruhiger mit Anforderungen umgehen wollen, wird es ihnen leichter fallen, in einer Dienstbesprechung den Chef zu überzeugen. Der Mensch braucht einen Rhythmus von Arbeit und Entspannung, nur dann kann er auch leistungsfähig und innovativ sein. Das überzeugt letztlich Chefs. Die stehen zwar unter Druck und wollen vieles oft zeitnah, aber sie sind auch an mittel- und langfristigen Perspektiven interessiert. Im Zweifelsfall kann auch die Berufsgenossenschaft, Krankenkasse oder Rentenversicherung mit Hilfe zur Seite stehen, denn diese müssen für die Folgen des Stresses zahlen – und zu viel Stress macht krank. Und auch die Wissenschaft kann helfen: Empfehlenswert ist die „Initiative Neue Qualität der Arbeit“. Hier gibt es verschiedenste Broschüre zum Thema, die Bestellung ist sogar kostenlos. „Die kann man dann dem Chef auf den Tisch legen und sagen: Ich habe mich informiert, schau mal, das sind heute die Erkentnisse der modernen Arbeitswissenschaft“.
Tipp 6: Bewegung
Ein einfacher und bodenständiger Tipp ist ebenfalls wirksam: Wenn jemand merkt, dass es zu stressig wird, hilft ein Spaziergang um den Block. Dann hält man sich zudem eine Viertelstunde lang woanders auf, sieht etwas anderes und schafft damit etwas Abstand.
Alles eine Frage des Typs
Manche Charaktere sind in ihrem Element, wenn sie viele Aufgaben gleichzeitig bewältigen sollen. Andere wieder kommen aus dem Tritt. Es sei also ein „Typenfrage“, über die man mit seinen Kollegen reden sollte. Wie gehe ich selbst, wie geht der Kollege die Arbeit an? Damit wird man sich über über die eigene Arbeitsweise klarer, und kann dadurch auch den anderen entdecken. Genauso wichtig: in sich hineinhorchen. Jeder, der ein Unbehagen spürt, könnte etwas ändern. Wichtig ist dann zu fragen: Weiß ich, welche Methoden es gibt, den Arbeitsalltag zu ent-stressen? Leuchten die mir ein? Und will ich es ausprobieren?
Die Haltung: Nicht nur die Leistung zählt
Aber nicht nur der Typ, auch die Haltung macht einen Unterschied: Wie stark möchte ich mich dem Leistungsdruck beugen? Gelassenheit und Selbstakzeptanz sind letztendlich tragfähiger, als an Erfolg zu denken. Dabei besteht eine Verbindung zum evangelischen Glauben: Laut Bibel ist uns von Gott zugesagt, dass wir keine Leistung zeigen müssen, um als Mensch wertvoll zu sein. Gott liebt jeden Menschen bedingungslos. Das dürfen wir auch leben. Es gilt, uns diese Zusage immer bewusst zu machen.
Von Jakob Dettmar / fachliche Beratung Gerd Bauz, ehem. Leiter des IPOS
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