Das Friedenspfarramt
1986 schuf die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ein Friedenspfarramt. Dass diese Stelle überhaupt geschaffen und mit einer Frau, Pfarrerin Cordelia Kopsch, besetzt wurde, ist auf das große Engagement evangelischer Frauen wie etwa der Gruppe „Frauen Frieden“ zurückzuführen.
Mit der Enrichtung eines Friedenspfarramts war die EKHN eine der ersten evangelischen Landeskirchen in Deutschland, die in Folge der Nachrüstungsdebatte Konsequenz zog und sich damit in die deutsche Friedensbewegung eingliederte – auch mit eigenen, theologischen Schwerpunkten.
Frauen werden friedenspolitisch aktiv
Viele Christinnen und Christen waren in der mit dem NATO-Doppelbeschluss 1979 neu entstandenen Friedensbewegung in Europa und Deutschland aktiv geworden. Dem entzog sich auch die verfasste Kirche nicht. Ein Schlüsseljahr war 1981, als beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg die Debatte über die atomare Nachrüstung durch die US-Amerikaner das Geschehen dominierte. Verstärkt befassten sich nun auch Frauen in der Kirche mit Themen wie atomarer Bewaffnung, Aufrüstung und politischen Strategien. Sie verbanden dies mit feministischen Anliegen, erinnert sich Cordelia Kopsch. So stellten sie etwa die Frage, ob Frauen möglicherweise von ihrer Prägung her weniger anfällig seien für Gewalt und von daher besser geeignet – wenn sie denn die Macht hätten – andere Lösungen für Konflikte zu finden.
Gruppe „Frauen Frieden“ gegründet
1983 befasste sich die „Frauenwerkstatt Feministische Theologie“ in Gelnhausen mit der Raketenstationierung der Cruise missiles. Im Oktober 1983 organisierten die Frauen einen Widerstandstag vor und in dem Gebäude der Kirchenleitung in Darmstadt und gründeten schließlich die Gruppe „Frauen Frieden“ in der Südostgemeinde Darmstadt. Gemeinsam mit dem 1985 neugegründeten „Netzwerk Frauen in der EKHN“ gab es bis 2003 immer wieder Aktionen zum Thema Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung.
Cordelia Kopsch übernimmt Friedenspfarramt
Als erste Inhaberin prägte Cordelia Kopsch, das Friedenspfarramt im Zentrum Ökumene u.a. dadurch, dass sie engen Kontakt zu Gruppen, Gemeinden und Initiativen hielt. Sie trieb die Vernetzung voran und bettete deren Wirken ein in den Konziliaren Prozess Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Auf dem Hintergrund ihrer eigenen Ausbildung in Organisationsentwicklung und Gemeindeberatung war es ihr ein Anliegen, die weltweite Agenda in die Zusammenhänge vor Ort zu transferieren und damit auch zur Gemeindeentwicklung beizutragen.
Scharnier zwischen Basis und Kirchenleitung
Das Friedenspfarramt entwickelte sie dadurch zu einer Art Scharnier zwischen der Bewegung an der Basis und der Kirchenleitung. Sie trat dafür ein, dass die Kirche es als eine theologische und geistliche Aufgabe wahrnahm, sich nach innen und außen mit der Frage nach der Bedeutung der christlichen Botschaft für das Friedenshandeln – individuell und politisch – zu befassen.
Frauen fordern eine gerechte Sprache
Große Öffentlichkeitswirkung hatten auch die Publikationen, die unter Cordelia Kopschs Leitung des Friedenspfarramts herausgegeben wurden: das zusammen mit Hildburg Wegener und Hanne Köhler herausgegebene Buch „Frauen fordern eine gerechte Sprache“, das die Überwindung militaristischer Sprache und die Präsenz der Frauen widerspiegeln sollte; Materialien für Gottesdienst und geistliches Leben zur Friedensthematik; ein Rüstungsexportbericht, der heftige Diskussionen und Kritik hervorrief.
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