1960 - 1969
1960

Anpassung
Konfirmandenzeit wird verkürzt
Die Synode legt den Konfirmationstermin auf die Pfingstzeit und reduziert die Gesamtdauer des Unterrichts von zwei Jahren auf 15 Monate.
Erstmals kommen in der Debatte auch nicht religiöse Aspekte der Konfirmation in den Blick: die Konfi-Zeit als Lebensbegleitung in der Pubertät.

Hilfsdach
Diakonisches Werk entsteht
Die Synode beschließt, das 1945 gegründete Evangelische Hilfswerk und den Landesverein für Innere Mission unter der Leitung von Otto Hahn zum Diakonischen Werk in Hessen und Nassau (DWHN) zusammenzuführen.
Der Leiter des Hilfswerks Walther Rathgeber wird erster Leiter des DWHN.

Friedliebende Zivis
Beratungsstelle für Kriegsdienstverweigerer gegründet
Als Reaktion auf Wiederbewaffnung und Militärseelsorge etabliert die EKHN eine Beratung für Kriegsdienstverweigerer.
Fritz Eitel baut ein Netzwerk dafür auf und wird damit zum Vorreiter auch für andere Kirchen und die EKD. Innerhalb des Jahres 1968 verdoppelt sich die Zahl der Verweigerer in Deutschland auf fast 12.000. Im gleichen Jahr etabliert die EKHN in Darmstadt die Beratungsstelle für Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistende. 1987 weist die EKHN dafür zwei Stellen aus. Angesichts des Golfkriegs 1991 erhöht sich die Zahl der Verweigerer auf über 151.000. Einen Höchststand bringt das Jahr 2002 mit fast 190.000. Viele Zivis tun ihren Dienst in Kirche und Diakonie. 2011 wird die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt. Die Beratungsstelle bildet heute im Zentrum Ökumene die Abteilung Gerechtigkeit – Frieden – Globales Lernen.

Kinder bleiben weg
Landesverband für Kindergottesdienst in Hessen und Nassau gegründet.
Dem nachlassenden Interesse am Kindergottesdienst begegnet die EKHN mit einer Initiative zur Steigerung der Qualität.
Dafür gründet sie den Landesverband für Kindergottesdienst, der vor allem das Engagement Ehrenamtlicher bei der Gestaltung unterstützen soll.
Balancierte Partnerschaft
Staatskirchenverträge mit den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz
Die von Oberkirchenrat Georg Krüger-Wittmack ausgehandelten Verträge regeln die Zusammenarbeit mit dem Staat in den Bereichen Religionsunterricht, Seelsorge in Krankenhäusern und im Strafvollzug sowie Kirchensteuer, Denkmalpflege und historische Staatsleistungen.
1962

Neuanfang nach der Kolonialzeit
Erste ökumenische Partnerschaft: Tansania
Die EKHN nimmt mit zwei Diözesen der evangelischen Kirche in Tansania verbindliche Kontakte auf. Draus geht in den folgenden Jahren die erste internationale Partnerschaft hervor.
Auf Seiten der EKHN beteiligt sich die Region Nordnassau. Es folgen Partnerschaften mit Kirchen in Indonesien, Indien, Ghana, Südafrika, Polen, Italien und zuletzt 2007 in den USA.

Ein zweites Haus für die Jugend im Süden
Kloster Höchst im Odenwald
Zusätzlich zur Jugendburg Hohensolms nimmt im traditionsreichen Kloster Höchst im Odenwald ein weiteres Jugendzentrum seinen Dienst auf.
Es gehört zu einer Vielzahl von Maßnahmen, um die Jugend für die den Glauben zu gewinnen. 2021 beschließt die Synode, das Gebäude für andere Zwecke zu nutzen.

Kamera statt Kanzel
Pfarrer wird Intendant
Werner Hess, der zuvor elf Jahre lang Gemeindepfarrer in Frankfurt-Ginnheim sowie Rundfunkbeauftragter der EKHN und Filmbeauftragter der EKD war, wird Intendant des Hessischen Rundfunks.
Hess gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Freiwilligen Filmselbstkontrolle (FSK).
1963

Bildschirmkonkurrenz durch ZDF
Kinderprogramm versus Kindergottesdienst
Mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen stehen den Bürger*innen nun zwei TV-Programme zur Verfügung. Sitz des ZDF ist zunächst Eschborn, dann Wiesbaden, später Mainz.
Sein am Sonntag um 11 Uhr beginnendes Kinderprogramm setzt dem Besuch des Kindergottesdiensts schwer zu.
Stein auf Stein
Bauboom und personelle Expansion
Das Wirtschaftswunder verschafft der EKHN steigende Einnahmen. Sie ermöglichen einen Bauboom bei Kirchengebäuden und Gemeindehäusern, der 1963 seinen Höhepunkt erreicht.
Auch die Anzahl der Arbeitsbereiche und Stellen nehmen erheblich zu.

Kirche im Radio
Die Kirchenleitung ordnet die Rundfunkarbeit neu.
Für die Planung der Morgenfeiern ist nun das »Liturgische Studio«, aus dem 1968 der Rundfunkausschuss hervorgeht.
1965

»Gott ist tot«
Klage gegen Schulgebet
Die voranschreitende Säkularisierung hat das theologische Nachdenken erreicht. Dorothee Sölles Buch »Stellvertretung.
Ein Kapitel Theologie nach dem Tode Gottes« löst eine Debatte um die sogenannte Gott-ist-tot-Theologie aus. Beim Hessischen Staatsgerichtshof erheben Eltern die erste Klage gegen das Schulgebet. Obwohl sie und weitere Klagen abgewiesen werden und die Gerichte die negative und die positive Religionsfreiheit betonen, schaffen immer mehr verunsicherte Schulleitungen das Gebet ab.
1966

Ökumene im Rhein-Main-Gebiet
Erste Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
Auf Initiative der EKHN entsteht im Rhein-Main-Gebiet die erste Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK).
Nach dem Beitritt der Bistümer Limburg und Mainz sowie der Freikirchen sind in ihr 1969 fast alle Kirchen vertreten. Später entstehen nahezu überall in Deutschland solche ACKs, deren Bundeszentrale sich in Frankfurt am Main befindet.
1967

Ohne Scheuklappen
Sozialwissenschaften in der theologischen Ausbildung
Prof. Karl-Wilhelm Dahm ergänzt die theologische Ausbildung in Herborn, die bis dahin ausschließlich an theologischen Kriterien orientiert ist, um empirische Studien und sozialwissenschaftliche Aspekte.
Nach dem Beitritt der Bistümer Limburg und Mainz sowie der Freikirchen sind in ihr 1969 fast alle Kirchen vertreten. Später entstehen nahezu überall in Deutschland solche ACKs, deren Bundeszentrale sich in Frankfurt am Main befindet.
Parlamentarisierung
Synodale Arbeit wird neu geordnet, Kirchenverwaltung und Leitung getrennt
Die Synode gibt sich im Dezember nach parlamentarischem Vorbild eine Geschäftsordnung. Dazu gehörten die Bildung von Ausschüssen und die Zusammenarbeit mit der Kirchenleitung sowie dem Leitenden Geistlichen Amt. Die EKHN strukturiert die Verwaltung neu. Ihre Leitung übernimmt ab 1969 nicht mehr der Kirchenpräsident, sondern ein leitender Jurist.

Lernort für Lehrende
Das Religionspädagogische Studienzentrum (RPZ) in Kronberg-Schönberg entsteht
Das Netzwerk der sechs Katechetischen Ämter zur Unterstützung der Religionspädagogik erhält eine Zentrale mit Bibliothek und Tagungsbetrieb.
Dafür lässt die EKHN im Kronberger Stadtteil Schönberg eine alte ViIla umbauen und um zusätzliche Gebäude ergänzen, die auch Platz für die örtliche Kirchengemeinde bieten. 2011 zieht das RPZ aus und verlegt später im Zuge der Kooperation mit der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck seinen Sitz nach Marburg. Im RPZ-Gebäude kommen ab Oktober 2014 Geflüchtete unter.
1968

Kompetenzen in gesellschaftl. Fragen
Ämter für Mission und Ökumene sowie für Industrie- und Sozialarbeit entstehen
Gesellschaftliche Debatten verschärfen sich, Demokratie will gelebt sein.
Die EKHN will ihr evangelisches Anliegen darin fachkundig einbringen. Die Boom-Jahre geben ihr dafür die Mittel an die Hand: Sie kann Fachdienste für Mission und Ökumene sowie für Industrie- und Sozialarbeit aufbauen.
Flugblätter von der Empore
Die grundlegende Neuorientierung der Gesellschaft erreicht die EKHN
In Frankfurt, Mainz und Gießen werden Gottesdienste durch Go-ins gestört. Durch den Sitzungssaal der Synode flattern erstmals Flugblätter. Innerkirchliche Kritiker*innen gründen die Außersynodale Opposition, aus der später die innersynodale Gruppe »Offene Kirche« hervorgeht. Das von Wolfgang Kratz vorgetragene Lenin-Zitat »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!« löst Empörung in der Synode aus.

Pfarrerinnen dürfen verheiratet sein
Gleichstellung von Männern und Frauen im Pfarrdienst
Die Kirchensynode macht Pfarramt und Heirat auch für Frauen vereinbar.
Als erste verheiratete Frau wird Ellen Ringshausen zur Pfarrerin ordiniert. Ihr folgt Eveline Clotz wenige Wochen später im Dezember 1969. Die volle rechtliche Gleichstellung erlangen die Frauen 1971.
1969

Blick in die Tiefe
Neue Methoden der Seelsorge
In der EKHN findet der erste Ausbildungskurs in Klinischer Seelsorgeausbildung (KSA) statt, in dem therapeutische und gruppendynamische Methoden integriert sind.
In der Folge setzt sich die Einsicht durch, dass für besondere Seelsorgedienste auch eine besondere Qualifikation erfordert. 1972 gründet die EKHN in Frankfurt das Seminar für therapeutische Seelsorge – später Seminar für Seelsorge.
Bete und arbeite
Jesusbruderschaft Gnadenthal
Am Rand des Taunusorts Gnadenthal siedelt sich in einer Klosteranlage aus dem Jahr 1235 die ökumenische Jesusbruderschaft an und errichtet ein geistliches Zentrum für Einkehrtage und Seminare. Die Bruderschaft ist zwar von der EKHN unabhängig, aber die Kirche unterstützt sie bei Bedarf und EKHN-Gruppen kehren dort ein.

Wer ist die Zukunft der Kirche?
Amt für Jugendarbeit entsteht
Zur Förderung der Arbeit mit Jugendlichen entsteht das Amt für Jugendarbeit. Es wird später ins Zentrum Bildung in Darmstadt integriert.
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