Robuster Garten für die Sinne
Klimawandel: Garten an der Katharinenkirche wird an Wetterextreme angepasst
H. Wiegers
12.10.2022
red
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Bei diesen Pflanzen scheint die christliche Tradition ihre Spuren im Namen hiniterlassen zu haben: Pfingstrose, Pfingstnelke, Johanniskraut, Judasbaum, Palmblatt, Christrose, Salomonssiegel, Brennender Busch und Blauer Himmelsschlüssel. Zu unterschiedlichen Jahreszeiten wachsen sie im Katharinengarten rund um die mächtig in den Himmel ragende Oppenheimer Katharinenkirche und im angrenzenden Kapellengärtchen an der Michaelskapelle. Beide Gärten sind kleine Paradiese mitten in der malerischen Oppenheimer Altstadt. Die Biologin Anna Packeiser pflegt als bei der Gemeinde angestellte Gärtnerin den Katharinengarten.
Ein Anschauungsobjekt für das Thema "Klimawandel"
15 Jahre ist es her, dass die Biologin damit begann in dem damals noch großen ehrenamtlichen Gartenpflegeteam der Oppenheimer Kirchengemeinde mitzuarbeiten. Mittlerweile findet sie, dass die Unterhaltung einer großen Gartenanlage Kirche auch um ein ganz greifbares gesellschaftliches Thema bereichert: den Klimawandel. "Kirche", so die gebürtige Russin, die seit 16 Jahren in Deutschland lebt und sich von Anfang an in der Oppenheimer Kirchengemeinde ehrenamtlich eingebracht hat, "muss ein lebendiger Platz sein, an dem jedes Thema, das in der Gesellschaft relevant ist, diskutiert werden sollte. Und jetzt kann der Katharinengarten als positives Anschauungsobjekt für das Thema "Klimawandel" dienen."
Empfehlungen der EKHN zur biologischen Vielfalt
Die EKHN hatte 2019 dazu angeregt, bei der Bepflanzung von Kirchengrundstücken die biologische Vielfalt zu stärken. Dabei gab es aus dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN auch Tipps zur Umsetzung sowie zu robusten Pflanzensorten:
Biologische Vielfalt in Gärten und auf Kirchengrundstücken erhöhen
Im Sommer trockenheitsresistent, im Winter kältefest
Der Klimawandel ist auch im Katharinengarten deutlich zu spüren. "Der Garten", berichtet Anna Packeiser, "wurde vor 15 Jahren von einem Landschaftsgärtner mit pflegeleichten Bodendeckern und Sträuchern angelegt." Die langen Hitzeperioden der letzten Jahre konnte man damals noch nicht voraussehen. "Und so haben sich", erzählt die Gärtnerin, "mit der Zeit einige Pflanzen verabschiedet." Trotzdem wollte Anna Packeiser, als sie vor zwei Jahren die Pflege des Gartens mit einer Viertel-Stelle übernahm, nicht alles umkrempeln: "Es ist einfach nicht nachhaltig, alle Pflanzen rauszunehmen. Ich habe den Garten dann unter ökologischen Aspekten umgestaltet, habe darauf geachtet, wo sich Pflanzengesellschaften, die voneinander profitieren, entwickelten und diese gepflegt." Bei Neuanpflanzungen hat sie ein Augenmerk darauf, dass die Pflanzen nicht nur hitze- und trockenheitsresistent sind, sondern auch kalte Winter aushalten können. "Das gilt vor allem für Pflanzen aus Südosteuropa, wie z. B. bestimmte Salbeiarten." und natürlich ist ihr auch eine artenreiche Bepflanzung wichtig, um in den unterschiedlichen Jahreszeiten – selbst im zeitigen Frühjahr oder in den trockensten Sommerwochen – auch für die verschiedenen Insektenarten Nahrung zu bieten.
Weinbergs-Träubel und Acker-Goldstern
Diese artenreiche Bepflanzung macht den Garten auch so sehenswert und zu einem Vorbild, nicht zuletzt, weil sich hier mittlerweile auch Pflanzen von selbst ansiedeln, die früher in den Weinbergen anzutreffen waren, mittlerweile durch die Flurbereinigung fast ausgerottet sind, wie z. B. der Weinbergs-Träubel oder der Acker-Goldstern. Kein Wunder, dass Anna Packeiser bei ihrer Arbeit in den Beeten des Katharinengartens häufig von Passanten angesprochen wird. Überhaupt: ihr Wissen zu vermitteln und die Menschen auch in ihrer Gemeinde für ein nachhaltiges, ökologisches Bepflanzen ihrer Gärten zu begeistern, liegt der leidenschaftlichen Gärtnerin besonders am Herzen.
Pflanzenwissen weitergeben und zum Austausch anregen
Zum zweiten Mal hat sie jetzt auf dem Gemeindefest Pflanzen, die im Katharinengarten überzählig waren, in Töpfchen gepflanzt und gegen eine Spende an Interessierte abgegeben. Die Nachfrage war – insbesondere im Frühjahr – groß. Gerne führt sie auch Erwachsenen- und Kindergruppen durch den Katharinengarten. Viel weiß sie von der Symbolik, Mystik und Historie des hier Angepflanzten zu erzählen. Und auch die Konfirmandinnen und Konfirmanden profitierten von der guten Pflege des Gartens, konnten sie doch selbst Pflanzen aus dem Katharinengarten in Pflanzkübel setzen und obendrein noch mit selbstgemachten Mosaiken dekorieren. Anna Packeiser hofft, dass man etwas ähnliches wie dieses Projekt bald wiederholen kann – dann vielleicht sogar generationenübergreifend, "in dem die älteren Leuten den jüngeren davon erzählen, wie sie früher im Garten gearbeitet und ihn gepflegt haben."
Gartenabschnitte für alle Sinne geplant
Ein weiteres Projekt, die Anlage eines insektenfreundlichen Rosenbeetes ist schon angelaufen. Außerdem träumt Anna Packeiser auch von Gartenabschnitten, in denen ein Begehen der Pflanzen möglich ist, wo man Pflanzen wie den auch schmalste Fugen besiedelnden Kriechthymian nicht nur sehen, sondern auch riechen, spüren und schmecken kann. So sind die Gärten rund um die Katharinenkirche weitaus mehr als Plätze der Ruhe, sie bieten Inspirationen, haben Vorbildcharakter und sind so weit über das Kirchengelände hinaus wirksam.
[H. Wiegers, RH]