Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Gründungssynode der EKHN

© ZA EKHN

Geschichte

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) wurde am 30. September 1947 in Friedberg gegründet, mitten in den Wirren der Nachkriegszeit. Angesichts der damaligen Ausgangslage ist es alles andere als selbstverständlich, dass es gelang, lebendiges kirchliches Leben aufzubauen. Diese Gründung ist ein Grund zur Dankbarkeit, zum Ansporn und zur Hoffnung, die EKHN erfolgreich in eine ungewisse Zukunft zu entwickeln.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) wurde 1947 in Friedberg gegründet. Bei dieser historischen Zusammenkunft waren Delegierte der drei Landeskirchen aus Nassau, Hessen und Frankfurt zu einem sogenannten „Kirchentag“ versammelt, der als Vorgänger der späteren Kirchensynode fungierte. Einstimmig bestätigten sie am 30. September 1947 die umstrittene Vereinigung der drei Landeskirchen, die bereits 1933 unter dem Druck der Nationalsozialisten erfolgt war.

Während des „Kirchenkampfs“ während des Nationalsozialismus hatten sich die Mitglieder der Bekennenden Kirche für kirchliche Unabhängigkeit eingesetzt. Sie hatten eine kritische Haltung gegenüber den Deutschen Christen, die eine Anpassung an den nationalsozialistischen Staat befürworteten. Diese Auseinandersetzung erstreckte sich über ganz Deutschland und betonte die Bedeutung der kirchlichen Autonomie in einer Zeit politischer Herausforderungen.

Weichen für den Aufbau der EKHN werden gestellt

Martin Niemöller

© Zentralarchiv d. EKHN

1947 wurde Martin Niemöller zum ersten Kirchenpräsidenten der EKHN gewählt

Die Wahl von Martin Niemöller (1892-1984) zum ersten Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) war eine wesentliche Richtungsentscheidung. Martin Niemöller, ein ehemaliger U-Boot-Kommandant, Berliner Pfarrer und persönlicher Gefangener Adolf Hitlers im Konzentrationslager Dachau, war ein führender Vertreter der Bekennenden Kirche. Viele der Amtsträger der noch jungen EKHN verstanden sie als eine Kirche in der Tradition der Bekennenden Kirche. Die Kirche baute sich von der Basis, also von den Gemeinden, nach oben hin auf. In der EKHN gibt es keinen Bischof, sondern einen auf Zeit gewählten Kirchenpräsidenten. Ähnlich den „bruderrätlichen“ Leitungsstrukturen entschieden Gremien gemeinsam nach dem Mehrheitsprinzip. Diese Ausrichtung prägte die Identität und Arbeitsweise der jungen EKHN und betonte die Bedeutung der Gemeinde als Fundament der Kirche.

Eine streitbare Gemeinschaft gestaltet Gegenwart und Zukunft

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat sich seit jeher als eine streitbare, fromme und politisch engagierte Kirche verstanden. Gesellschaftliche Veränderungen und Konflikte bewegen auch die evangelische Kirche, und die Menschen in der EKHN versuchen, ihren Glauben und seine Konsequenzen auf unterschiedliche Weise immer wieder neu zu formulieren.

Einige beispielhafte Ereignisse aus der Geschichte der EKHN sind erwähnenswert:

  • Auseinandersetzungen um die Wiederbewaffnung der BRD in den 1950er Jahren,
  • Haltung zu Atomwaffen und Atomenergie,
  • Nachrüstung,
  • Martin Niemöllers Moskaureise im Kalten Krieg,
  • Mitgliedschaft von Pfarrern in der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP),
  • Ausbau des Frankfurter Flughafens und Startbahn West,
  • die Frauenbewegung und Frauenordination,
  • Erste Frau im bischöflichen Amt: 1988 wurde Helga Trösken zur Pröpstin in Frankfurt berufen – ein historischer Schritt.
  • Bleibende Erwählung der Juden und Gottes Bund mit ihnen: 1991 wurde dieser Abschnitt in die Kirchenordnung aufgenommen.
  • Segnung homosexueller Paare: 2002 beschloss die Synode die Einführung einer gottesdienstlichen Begleitung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften. Seit 2019 können gleichgeschlechtliche Paare getraut werden.

In all diesen Themen ging es letztlich darum, wie das Evangelium den Menschen der Gegenwart zeitgemäß nahegebracht werden kann, ohne seinen Kern aufzugeben. Die Diskussionen um angemessene kirchliche Strukturen begleiten die EKHN seit den 1990er Jahren intensiv.

Sie führten 10 Jahre später zur Stärkung der Dekanate als „Mittlerer Ebene“. 2010 schließlich wurde die Kirchenordnung in wesentlichen Punkten novelliert.

Im Herbst 2019 hat die Synode der EKHN die Debatte über den neuen Zukunftsprozess ekhn2030 eröffnet. Er soll die EKHN trotz notwendiger Einsparungen fit für die Zukunft zu machen. Dazu gehört beispielsweise, dass evangelische Kirchengemeinden in der Umgebung miteinander intensiver in Nachbarschaftsräumen zusammenarbeiten.

Letztlich aber gilt: Bei allem notwendigen Streit – die Geschichte der Kirche ist die Geschichte des Rufs Gottes zur Versöhnung an alle Menschen.

Was geschah vor der Gründung der EKHN?

Der Landesherr bestimmte die Konfession

Aber natürlich beginnt die Geschichte der EKHN nicht im Jahre 1947. Die drei Vorgängerkirchen brachten jeweils ihre eigene Geschichte und Eigenart in das neue Gebilde ein. Der konfessionelle „Flickenteppich“ in Deutschland mit seinen evangelischen Landeskirchen ist eine Folge der Reformation, in der festgelegt wurde, dass der Landesherr die Konfession seiner Untertanen bestimmen konnte. Dieses Prinzip wurde erst im 19. Jahrhundert in Folge der napoleonischen Kriege aufgehoben, so dass die heutigen Landeskirchen zum Teil noch die Grenzen des 19. Jahrhunderts widerspiegeln und kaum mit den Grenzen der heutigen Bundesländer übereinstimmen.

Hessen: Impulse für den evangelischen Glauben

Im Gebiet der Landgrafschaft Hessen hatte Landgraf Philipp der Großmütige schon 1526 die Reformation eingeführt. Bis heute wirksame Impulse für alle reformatorischen Kirchen gab der von ihm berufene Reformator Martin Bucer, der unter anderem die Konfirmation mit vorhergehendem Katechismusunterricht einführte. Auch die Mitwirkung von Ältesten und die Einrichtung von Synoden gehen auf Bucer und Philipp zurück.

Nassau: Lutheraner und Unierte einigen sich

Der bedeutendste Impuls aus dem Herzogtum Nassau liegt in der ersten Union Deutschlands zwischen Lutheranern (die auf die Reformation Martin Luthers zurückgeht) und Reformierten (die auf die Reformation Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins zurückgehen). Die Union wurde 1817 in Idstein beschlossen. Zuvor hatten sich die beiden Konfessionen innerhalb des Protestantismus jahrhundertelang zum Teil erbittert bekämpft. In Nassau entstanden zur gleichen Zeit auch die ersten Simultanschulen, in denen römisch-katholische und evangelische Kinder gemeinsam unterrichtet wurden und nur getrennten Religionsunterricht hatten: Den mussten, wie bis heute üblich, die Pfarrer mit wöchentlich vier Pflichtstunden halten. Dieses Modell, kirchlich verantworteter Religionsunterricht in der staatlichen Schule, ist heute in den meisten Bundesländern verwirklicht.

Frankfurt: Zentrum pietistischer Frömmigkeit

Die freie Reichsstadt Frankfurt am Main ist kirchengeschichtlich vor allem wegen des Wirkens von Philipp Jakob Spener von Bedeutung. Er war ab 1666 für zwei Jahrzehnte „Senior des lutherischen Predigerministeriums“, was vergleichbar dem heutigen Dekaneamt ist. Seine „Pia desideria“, die übersetzt „fromme Wünsche“ bedeutet, wurde zur Programmschrift des deutschen Pietismus. Seine „collegia pietatis“ (etwa = Glaubensgesprächsgruppen) entwickelte sich zum Vorbild für pietistische Kleingruppenfrömmigkeit in aller Welt. Geistliche Kompetenz nicht nur ordinierten Amtsträgern, sondern auch den normalen Gläubigen zuzutrauen ist Erbe und bleibender Auftrag des Pietismus.

Ein weiterer Beitrag zur Kirchengeschichte verbindet sich eher zufällig mit Frankfurt: Hier entwarf der Schweizer reformierte Theologe Karl Barth im Hotel „Basler Hof“ am 16. Mai 1934 den Text der Barmer Theologischen Erklärung, einem bedeutenden Bekenntnis des 20. Jahrhunderts, während die lutherischen Vertreter in der Arbeitsgruppe, die sich zur Vorbereitung der Barmer Bekenntnissynode getroffen hatten, einem ausgiebigen Mittagsschlaf frönten.

Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

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