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Nachhaltige Bekleidung

Jeans: vom Umweltsünder zum langlebigen Lieblingsstück

bonDer Referent des Abends, Guido Wetzels, nahm die Gäste mit auf eine Reise durch die Welt der blauen Hose.

Einst war sie ein robustes Kleidungsstück für amerikanische Minenarbeiter: Vor 150 Jahren wurde die Jeans erfunden. Heute gehört sie zu den beliebtesten Kleidungsstücken der Welt, für die Umwelt hingegen ist die blaue Hose eine Belastung.

bonDer Referent des Abends, Guido Wetzels, nahm die Gäste mit auf eine Reise durch die Welt der blauen Hose.

Guido Wetzels hat Indigo-blaues Blut: Er ist einer der Köpfe von „Blaumann-Jeanshosen“, einer deutschen Jeans-Manufaktur und ein Kenner der Szene. In der Hachenburger Westerwald-Brauerei hat er rund 60 Gäste mitgenommen auf eine Reise durch die Welt der blauen Buxe.

Alltagsgegenstand im Blick

Veranstaltet hat den Abend die Evangelische Erwachsenenbildung: In der Reihe „Church for future“ stellt sie Ideen und Projekte für mehr Nachhaltigkeit im Alltag vor. Und da die Jeans mit mehreren Milliarden produzierten Exemplaren pro Jahr ein Alltagsgegenstand ist, war es naheliegend, ihr einen eigenen Vortrag zu widmen, finden die Organisatorinnen Regina Kehr und Nadine Bongard vom Evangelischen Dekanat Westerwald.

Guido Wetzels ist ein Typ, der die Jeanskultur schon optisch auf den Punkt bringt: Langes, weißes Haar, Vollbart; ein Muskelpaket in verwaschenen Jeans. Ein außergewöhnlicher Kerl mit außergewöhnlichem Wissen über die Branche. Wetzels arbeitete lange für einen großen Jeansproduzenten und kennt die weltweite Industrie daher wie die Tasche seiner blauen Weste.

Die schmutzige Seite der Hose

Und er kennt die Schattenseiten: Er erzählt, wie deutsche Marken die Produktion der Hosen in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr ins Ausland verlagert haben und wie sich die authentische, wertige Hose seit den frühen 1970er-Jahren modischen Trends unterwerfen musste. „Die Hippies trugen ihre Jeans so lange, bis die Hosen Löcher hatten und abgenutzt aussahen“, erzählt er. Irgendwann fand auch Otto-Normalhosenträger diesen „Used-Look“ charmant – allerdings ohne die Klamotten dafür jahrelang eintragen zu müssen.

Mit dem "stone-washed"-Verfahren ging's bergab

In Italien entstand daraufhin die sogenannte Stonewashed-Methode – und dann wurde es richtig schlimm, glaubt Wetzels: „Der Stoff wird mit Bimssteinen abgerieben und dadurch künstlich gealtert – was natürlich null nachhaltig ist. Er wird aus modischen Gründen zerstört. Das Clevere für die Produzenten ist, dass die Jeans dadurch schneller kaputtgeht und schneller eine neue gekauft werden muss.“

Knietief im Plastiksee

Doch die künstliche Alterung ist nicht die einzige Umweltsünde: Die Waschung und der Transport der Hosen verbrauchen enorm viele Ressourcen; bei der Produktion kommen Chemikalien zum Einsatz, und die Arbeitsbedingungen in Fernost sind manchmal unterirdisch: „Noch vor zehn Jahren habe ich gesehen, wie Menschen knietief in Plastikflüssigkeit standen, um der Hose künstliche Alterungsspuren beizubringen. Früher wurden die Jeans auch noch mit Quarzsand besprüht, um diese Spuren zu erzeugen. Das ist inzwischen glücklicherweise verboten, da viele Arbeiter dadurch eine Staublunge bekommen haben. All diese Dinge sind im Namen der Mode passiert“, sagt Wetzels und stellt klar, dass die Jeansproduktion nicht nachhaltig ist – und es auch nie werden wird.

Eine deutsche Jeans?

Zumal es in Deutschland nahezu keine Möglichkeiten gibt, selbst Jeans herzustellen. Die Baumwolle wird immer aus Zimbabwe, Ägypten oder anderen Ländern kommen, und der charakteristische Jeansstoff, der sogenannte Denim, kann auch nicht ohne weiteres in Deutschland produziert werden: Es fehlen das Wissen und die entsprechenden Webstühle.

Das Experiment

Trotzdem: Die Jeans ist und bleibt Kultobjekt. Auch für Guido Wetzels und eine Handvoll weitere Jeans-Nerds, die 2013 Blaumann-Jeanshosen gründen. Das Ziel der Blaumänner: Das klassische Jeanshandwerk soll zurück nach Deutschland geholt werden – mit dem Augenmerk auf Qualität; nach den Regeln des Anstands produziert. Inzwischen hat das Unternehmen einige wenige, aber hochwertige und langlebige Modelle im Portfolio, deren Bestandteile in der Bundesrepublik produziert werden – vom Nähgarn über die Nieten bis hin zum Taschenfutter und den Etiketten.

Ihm ist es als erstes in Deutschland gelungen, den klassischen Stoff im eigenen Land zu produzieren. „Dabei ist das eigentlich eine Domäne der Japaner, die den weltbesten Denim herstellen“, sagt Wetzels. Die lokale und faire Produktion hat natürlich ihren Preis: Blaumann-Hosen und die anderer (meist japanischer) Hersteller sind natürlich ein ganzes Stück teurer als die Jeans von der Stange.

Lüften statt waschen

Aber diese „Raw-Denim“-Hosen sind es wert, glauben Jeansfans. Weil sie länger halten und repariert werden können; weil sie fair produziert sind und nur selten gewaschen werden müssen, beziehungsweise: sollen. Denn „echter“ Jeansstoff bestehen zu 100 Prozent aus Baumwolle ohne Stretch-Anteil und sollte daheim so lange wie möglich an der frischen Luft durchgelüftet werden statt gleich in der Waschmaschine zu landen. Erst dadurch entstehen die beliebten Tragespuren, die bei herkömmlichen Jeans künstlich und umweltschädlich hinzugefügt werden.

Das erfordert eine gewisse Hingabe, und zudem laufen die Hosen nach der ersten Wäsche ein, weil sie eben nicht vorgewaschen sind. Sonderlich bequem ist der steife Stoff auch nicht. „Man muss halt ein bisschen verrückt sein“, gibt Guido Wetzels am Ende seines Vortrags zu. Aber: Manchmal braucht’s eben ein gesundes Maß an Beklopptheit und Leidenschaft, damit Nachhaltigkeit funktionieren kann. (bon)

 

Nachhaltig einkaufen für die Kirche

Jede und jeder kann durch ein bewusstes Einkaufen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, kann ein Zeichen gegen Kinderarbeit setzen und sich für eine gerechte und nachhaltige Welt engagieren. Auch der Einkauf in der kirchlichen Einrichtung und in der Kirchengemeinde kann ein Beitrag dazu sein. Bei einer digitalen Veranstaltung der Servicestelle für Öko-fair-soziale Beschaffung der Evangelischen Landeskirche in Baden in Kooperation mit dem Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung (ZGV) der EKHN gibt es konkrete Tipps für den eigenen nachhaltigen Einkauf sowie einen Überblick über die relevanten Label und Siegel.

Termin: 12. 07. 2022 10:00 – 11:00 Uhr

Weitere Infos und Anmeldung unter: https://www.ekiba.de/umwelt-energie-bue/schulungen/schulungskalender/detail/termin-seite/id/436522-nachhhaltig-einkaufen-fuer-die-kirche/?vt=1

Ich merke, der weite Raum
entsteht nicht in mir und durch mich.
Er entsteht, weil andere da sind,
die mir Räume eröffnen,
gnädig umgehen mit meinen Schwächen,
sich einsetzen für einen menschenwürdigen Umgang
mit allen Menschen.

(Melanie Beiner zu Psalm 31,9)

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