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Theologisches Seminar

Mit Video: Eine Schmiede fürs „Pfarrhandwerk“

Esther StoschÜbersicht über die Dozenten in Herborn

Wenn heute Vikare und Vikarinnen im Herborner Schloss fit gemacht werden für den späteren Berufsalltag, dann treten sie in die Fußstapfen bedeutender Persönlichkeiten der Geschichte.Seit 200 Jahren werden im Theologischen Seminar in Herborn angehende Pfarrer ausgebildet.

Von Stefanie Bock (Evangelische Sonntags-Zeitung)  

Ohne Napoleon wäre vieles sicher anders verlaufen als dies rund um die Pfarrausbildung geschah: Am 17. Dezember 1811 erließ der französische Kaiser ein Dekret, dass in Düsseldorf eine Landesuniversität für das Herzogtum Berg zu errichten sei. Und diese Entscheidung hatte Auswirkungen bis ins heutige Hessen: Die „Hohe Schule“ in Herborn, eine Bildungsstätte für Philosophie, Jura, Medizin und Theologie, musste dicht machen. Die Studenten des Herzogtums Nassau verließen Herborn und studierten an anderen Universitäten weiter. Allein die Pfarramtsstudenten hatten Glück: Die theologische Fakultät überstand die Auflösung. Die Institution wandelt sich nach einigen Gesprächen zum Theologischen Seminar. Das war vor 200 Jahren.

Dank eines raffinierten Beschlusses des Herzogs von Nassau kam kein angehender Pfarrer am Seminar vorbei: Denn alle, die in seiner Grafschaft Pfarrer werden wollten, mussten zwei Semester in Herborn studiert haben. Damit war der Bestand des Theologischen Seminars gesichert. Bis heute.

Herborner Schloss ist „Hogwarts“ für angehende Pfarrer

Auch 2018 werden in Herborn angehende Pfarrer und Pfarrerinnen ausgebildet. Heute unter der Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Für die Vikare sind die Wochen in Herborn eine besondere Phase ihrer Ausbildung. Ohne Fernseher auf dem Zimmer, ohne Großstadt in der Nähe bildet sich unter den Nachwuchspfarrern oft eine enge Gemeinschaft. 

 „Ich habe riesiges Glück mit meinem Kurs. Wir reden viel miteinander, diskutieren, unterstützen uns gegenseitig, Freundschaften sind entstanden2, sagt Vikar Thomas Reitz aus der Wormser Magnusgemeinde. „Das Herborner Schloss nennen wir scherzhaft unser Hogwarts“, berichtet Reitz in Anspielung auf die Schule der Buch- und Filmfigur Harry Potter. 

Fortsetzung der Tradition der „Hohen Schule“ 

Als quasi Nachfolger der „Hohen Schule“ war das Theologische Seminar von Anfang institutionell anders gestellt als sonstige Predigerseminare, berichtet Seminardirektor Peter Scherle. Es glich viel eher einer Universität. „Deshalb gestalten bei uns Professoren die gesamte inhaltliche Ausbildung von innen und verzichten wir auf Referenten von außen“, so Scherle. 

Von den Anfangsjahren bis 1925 lehrten zwei Professoren am Seminar, später stieg die Zahl auf drei. Seit der Jahrtausendwende unterrichten zwei Professoren, eine Professorin und eine Kirchenmusikerin die Vikarinnen und Vikare eines Jahrgangs. Diese treffen sich in dreiwöchigen Kursphasen, um ihre Arbeit zu reflektieren und über gesellschaftlich-kirchliche ebenso wie theologische Fragen zu diskutieren. Zurzeit lernen rund 70 Pfarrvikare und Pfarrvikarinnen Kirchenrecht, Kirchenmusik, Seelsorge, Gottesdienst und Religionspädagogik.

Nicht nur theologische Schätze in der Herborner Bibliothek

Besondere Schätze besitzt das Theologische Seminar in seinen Bibliotheken: Die neue Bibliothek umfasst rund 68 000 Titel. Etwa 10 000 davon entstanden vor 1900. Die Präsenzbibliothek beherbergt theologische, aber auch philosophische, pädagogische, psychologische und soziologische Veröffentlichungen. 

Neben dieser neuen Bibliothek befindet sich im Herborner Schloss auch noch die „Alte Bibliothek“ der Hohen Schule. Sie zählt gut 3650 Bände mit rund 8000 Titeln. Darunter fallen Handschriften und 67 Wiegendrucke aus der Anfangszeit des Buchdrucks. Der Großteil der Werke stammt aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Besondere Bedeutung hat die „Flora Herbornensis“ des Herborner Apothekers und Professors an der „Hohen Schule“, Johann Daniel Leers. Dieser hat im 18. Jahrhundert die heimische Pflanzenwelt systematisiert und genau beschrieben. Im Tresor der „Alten Bibliothek“ liegt die Originalausgabe mit der Handschrift und mit Zeichnungen Leers. Die „Alte Bibliothek“ ist im Gegensatz zur „Neuen Bibliothek“ für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. 

Umzug ins Schloss

Anfang des 19. Jahrhunderts schien das unbenutzte Herborner Schloss zu verfallen. Um 1835 drohte ihm der Verkauf. So zog in das im 12. Jahrhundert erbaute Schloss 1880 schließlich das Theologische Seminar ein. 1947 kaufte die neugegründete EKHN das 1929/30 von Kirchenbaumeister Ludwig Hofmann grundlegend sanierte Schloss. Sein heutiges Aussehen erhielt es nach einer Sanierung in Abstimmung mit der Denkmalbehörde 2004. 

200 Jahre theologisches Seminar: Tag der offenen Tür am 12. August

Am Sonntag, 12. August, feiert das Theologische Seminar in Herborn einen Tag der offenen Tür. „Wir wollen nicht einfach die Geschichte abfeiern, wir planen einen Tag der Begegnung“, sagt Scherle. Alle, die Geschichte fühlen möchten, sind herzlich eingeladen, durch die Gänge des Schlosses zu streifen: „Wenn man durch die Gänge des Schlosses geht und die alten Kämpen in ihren Gemälden an der Wand hängen sieht, ist es ein besonderes Gefühl“, gerät Scherle ins Schwärmen. 

Ab 11.30 Uhr können sich Besucher das Gebäude anschauen, sich durch das Schloss oder die Bibliothek führen lassen. Im Schlosshof gibt es einen Imbiss. Unter dem Motto „Geschichte und Geschichten“ soll ab 13.30 Uhr die Erinnerung im Zentrum des Tages stehen. Zunächst spricht die stellvertretende Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf ein Grußwort. Danach erinnert Karl-Wilhelm Dahm in einem kurzen Vortrag an markante Ereignisse der 200-jährigen Geschichte. Daran schließt ein Podiumsgespräch mit ehemaligen Lehrenden an. Ab 15.30 Uhr spielt „I Salonisti“ Kaffeehausmusik. Gegen 18 Uhr endet der Tag der offenen Tür. 

Video auf Youtube: Das lernen die angehenden Pfarrer heute in Herborn

Wer Halt gewährt,
verstärkt in sich den Halt.

(Martin Buber)

Martin Buber

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages_rusm

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