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Trauerarbeit

Nach dem Selbstmord seines Partners will er Bäume pflanzen

Singkham/istockphoto.com

Mario Dieringer war am Boden. Kurz nach Dieringers eigenem, gescheiterten Suizidversuch nahm sich sein Partner das Leben. Es folgte eine schwere Phase mit der Frage, ob er es nicht hätte verhindern können. Nun schöpft er mit seinem Projekt „Footpath of Life“ neue Kraft. Seine Idee: Einmal um die Erde wandern und gegen Trauer und Einsamkeit Bäume pflanzen.

privatMario Dieringer pflanzt BäumeMario Dieringer pflanzt Bäume

Mario Dieringer hatte selbst in seinem Leben einen Punkt, an dem er nicht mehr weiter wusste. Im Winter 2014 versuchte er, sein Leben zu beenden. Sein Partner rettete ihm das Leben. Doch auch sein Partner litt unter Depressionen. 16 Monate später nahm sich dieser das Leben.

Es gab Tage, an denen Mario Dieringer kurz davor war, aufzugeben. Doch dann fand er neue Kraft. „Und plötzlich tauchte dieses Projekt Footpath of Life in meinem Kopf auf“, sagt er. Unter der Dusche kam er auf die Idee, einmal um die Welt zu reisen und dabei Bäume zu pflanzen. Denn Bäume sind für Dieringer ein Symbol des Lebens und der Liebe. 

Mit Bäumen Hoffnung spenden

Mit seinem Projekt möchte Dieringer dazu aufrufen, die Hinterbliebenen von Suizidopfern nicht zu vergessen. „Die Angehörigen sind es, die nach einem Selbstmord alleine zu Hause sitzen, ihr Leben neu organisieren müssen und mit Schuldgefühlen konfrontiert werden: Hätte ich es wissen müssen? Hätte ich etwas verändern können?“

Doch Dieringers persönliche Trauerbewältigung steht nicht im Vordergrund des Projektes. Er will Gelder sammeln, um die Suizidprävention zu fördern: „Was könnte schon schlimmer sein, als der Tod durch Suizid, weil man keine Perspektive mehr sieht? Ich will zeigen, dass immer eine gibt, egal wie groß und wie verrückt es auch sein mag.“ 

Jede Person, die jemanden verloren hat, sei es durch einen Selbstmord oder einen Autounfall, kann Dieringer kontaktieren und bitten, auf seiner Reise einen Baum für diese verstorbene Person zu pflanzen. Dieringer will auf diese Weise „Orte der Erinnerung“ schaffen.

Therapie und Gemeinschaft helfen bei einem Verlust

Dieringer rät Menschen, die ihre Trauer bewältigen wollen, sich professionelle Hilfe zu holen: „Ein Therapeut kann viel dazu beitragen, über den ersten Schock hinwegzukommen. Doch am Ende des Tages kann er es nicht schön reden. Der Schmerz wird bleiben und kann jederzeit durch einen Gedanken oder einen Geruch neu hervorgerufen werden.“ Zudem spricht er von der auffangenden Kraft einer Gemeinschaft: „Mir hat es geholfen, dass meine Freunde die ersten vier Wochen für mich da waren und auf mich Acht gegeben haben.“

Trauer und Wut sind normale Reaktionen

Auch Vera Dietl-Krüger, psychologische Beraterin am evangelischen Zentrum für Beratung und Therapie am Weißen Stein, spricht von Schuldgefühlen, die auf die Angehörigen eines Suizidopfers zukommen: „Es geht erstmal sehr schnell um Schuld, während später die Wut kommt.“ Sie empfiehlt Trauernden, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Hier treffen sich Menschen, die ähnliche Schicksale erleben mussten. Sie könnten dort ihren Schmerz und ihre Trauer teilen und wissen, dass sie verstanden werden.

Gut gemeinte Ratschläge sind nicht immer das Beste

Zudem betont sie, dass eine Gemeinschaft wie eine Kirchengemeinde keine beratende Rolle übernehmen, sondern sichergehen sollte, dass der Trauernde mit dem Nötigsten versorgt ist. Eine warme Suppe helfe oft mehr als der Versuch, dem Trauernden durch Ratschläge die Schuldgefühle zu nehmen. Eine Trauerphase, die auch länger als drei Wochen gehe, sei normal und nicht als Krankheit zu verstehen, die therapeutisch behandelt werden sollte.

„Footpath of Life“ ist ein Crowdfunding-Projekt

Am zweiten Todestag seines Partners, dem 27. März 2018, will Dieringer seine Reise um die Welt beginnen und den ersten Baum pflanzen. 75 000 km um die Erde, durch mehr als 60 Länder. Bis dahin hat er vor, seinen gesamten Besitz zu verkaufen, ein Crowdfunding-Projekt in die Wege zu leiten und Menschen auf sein Projekt aufmerksam zu machen: „Wenn ich loslaufe und niemand davon weiß, wird es auch keine Bäume geben.“

Auch Dietl-Krüger gefällt Dieringers Projekt „Footpath of Life“. Besonders für Dieringer selbst als Trauerbewältigung. Die anderen Trauernden könnten mit Freunden zu den verschiedenen Bäumen pilgern. Das sei eine „Form von Selbsthilfe im weitesten Sinne“. 

Infos für Kirchengemeinden

Auch Kirchengemeinden können Dieringers Projekt unterstützen. Nicht jeder hat einen eigenen Garten, in dem man einen Baum pflanzen kann. Kirchengemeinden könnten für diese Menschen Grünflächen zur Verfügung stellen. Überdies können Kirchengemeinden stellvertretend für Suizidopfer einen Baum pflanzen. 

Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig.

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