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Integration

Pilgern statt Sozialstunden für junge Straftäter

Arno F. KehrerPilgern auf dem Jakobsweg im spanischen HochlandIm Mittelalter eine Strafe: Pilgern auf dem Jakobsweg, um Buße zu tun

Straffällige Jugendliche werden oft zu Sozialstunden verurteilt. In Mainz-Bingen kann die Strafe für kriminelle Teenager demnächst „Pilgern“ lauten.

Auf Pilgern statt auf Sozialstunden setzt die Jugendgerichtshilfe des Jugendamtes Mainz-Bingen, um straffällige Jugendliche wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Bei dem Projekt „Walk and Change“ wanderten Gruppen von bis zu acht straffällig gewordenen Jugendlichen fünf Tage lang mit Sozialpädagogen durch den Pfälzerwald, teilte die Kreisverwaltung Mainz-Bingen am Montag mit.

Buße abzuleisten, den Kopf freizubekommen und sich selbst zu begegnen, seien einige der Gründe, um junge Straffällige für die „Pilgerreise“ zu motivieren, heißt es. Das gemeinsam mit der Stiftung Juvente Mainz organisierte Projekt setze auf die positiven Effekte, um sie aufzufangen und sie auf dem Weg zurück in die Mitte der Gesellschaft zu begleiten.

Pilgern als Strafe hat Tradition

Die Frankfurter Gefängnisseelsorgerin Karin Greifenstein hält das für eine gute Idee: „ Ich finde es grundsätzlich klasse, dass es so etwas jetzt auch hier gibt.“ Sie hat sich mit dem Thema beschäftigt und berichtet von durchweg positiven Erfahrungen ähnlicher Projekte in Italien, Frankreich und Belgien. „Eigentlich ist es eine mittelalterliche Tradition, “ erklärt sie. Straftäter wurden damals auf den Jakobsweg geschickt, um Buße zu tun. „Dadurch wurden sie aus ihrem normalen Umfeld gerissen und sie lernten auf dem Weg Neues kennen.“ Bei den heutigen Jugendlichen sei das ähnlich. Sozialstunden hält sie ebenfalls für sehr sinnvoll, allerdings hielten das manche Jugendliche nicht durch. „Beim Pilgern kann man nicht blau machen “ Außerdem sei es gut für die Teenager, Natur und Spiritualität zu erleben.

Pilgerstrecke heißt „Weg in die Freiheit“

Der „Weg in die Freiheit“ führt laut Kreisverwaltung Mainz-Bingen sinnbildlich weg von der Jugendstrafvollzugsanstalt Schifferstadt zum Hambacher Schloss bei Neustadt an der Weinstraße, das als Wiege der deutschen Demokratie gilt. Statt Computer, Smartphone und Spielkonsole stünden Arbeitseinsätze, Selbstreflexion, Verhaltenstrainings und Tagesmärsche von teilweise über 20 Kilometern auf dem Programm. Auch gebe es „Wiedergutmachungsmaßnahmen“: Müllsammeln, das Reinigen von Schildern oder Hilfe in den Übernachtungsherbergen.

Bei dem aus Sachsen stammenden Konzept stehe nicht der reine Bestrafungsgedanke im Vordergrund. Vielmehr sollten die Jugendlichen ihre Taten und ihre persönlichen Lebenssituationen reflektieren und neue Ziele und Verhaltensweisen erlernen, heißt es. Dazu dienten auch tägliche Aufgabenstellungen, Feedbackrunden und soziale Trainings. Mit der Teilnahme am Projekt könnten verurteilte Jugendliche bis zu 60 Sozialstunden abgelten.

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