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Ein Rechtsanwalt klärt auf

Wann darf ein Flüchtling in Deutschland bleiben?

Ch. Mattes

24 afrikanische Männer lebten wochenlang unter einer Brücke. Eine Gemeinde nimmt sie auf und kümmert sich mit tatkräftiger Unterstützung aus der Bevölkerung um sie. Doch was jetzt mit den Männern geschieht, liegt nicht nur in den Händen der Gemeinde. Jetzt ist es vor allem wichtig, die Regelungen, Paragraphen und Zuständigkeiten geschickt zu handhaben. Experte ist Rechtsanwalt Tim W. Kliebe, er berät die Gemeinde.

Herr Kliebe, Sie haben einige der 24 Männer kennen gelernt, die seit vergangenem Herbst Obdach in der Gutleutkirche bekommen haben. Steht schon fest, wie viele der Männer hier in Deutschland bleiben dürfen?

Die genaue Anzahl derer, die hier bleiben dürfen, gibt es noch nicht endgültig. Bei den Menschen, die in der Gutleutkirche Unterkunft gefunden haben, handelt es sich teilweise um Menschen, die bereits in anderen Ländern der Europäischen Union ein Asylverfahren durchlaufen haben. Soweit mir bekannt ist, wurde in den meisten Fällen aus humanitären Gründen ein Aufenthaltstitel in diesen Ländern erteilt, von dort sind die Männer nach Deutschland weitergereist.

Die Männer haben also einen Aufenthaltstitel in der EU – Warum dürfen sie nicht einfach in Deutschland bleiben?

Das Problem ist nicht, dass sie als Flüchtlinge nach Deutschland kamen, sondern dass sie bereits in anderen europäischen Ländern gelebt haben, zum Beispiel in Italien. Die Krise in Italien, Spanien und Griechenland hat dazu geführt, dass die Arbeitssituation in diesen Ländern extrem schlecht geworden ist. Diese Länder kennen keine Sozialhilfe, so wie man es in Deutschland kennt. 

Wie sähe denn ein Alltag in Italien ohne Sozialhilfe aus?

Wenn man dort gearbeitet hat, bekommt man eine Zeit lang Arbeitslosengeld I, so wie es in Deutschland auch ist. Aber danach gibt es kein Arbeitslosengeld II. Das bedeutet, dass die Leute im Prinzip obdachlos sind und in Italien zum Beispiel auf die Suppenküchen angewiesen sind. Die Problematiken sind: Wo dusche ich? Wo gehe ich auf Toilette? Wo übernachte ich? Wo kriege ich Essen her? Das ist alles nicht als Rechtsanspruch geregelt. Diese Unsicherheit im Leben, das ist ein Zustand, der bei vielen Leuten dazu führt, dass sie weiterwandern, menschlich komplett nachvollziehbar, rechtlich aber ein Graubereich. Denn eigentlich hat ja ein anderes Land gesagt: „Wir kümmern uns um euch“. Die kümmern sich aber nicht. Deshalb wandern die Leute weiter - das ist das Problem. 

Welche Möglichkeiten haben die Afrikaner, um in Deutschland bleiben zu dürfen?

Für Personen, die in anderen Ländern bereits Aufenthaltstitel haben, gibt es im Prinzip eine europarechtlich geregelte Möglichkeit in ein anderes europäisches Land weiterzuwandern. Das nennt sich in Deutschland: „Erlaubnis zum Daueraufenthalt- EU“. Die gibt es in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, sie setzt aber einen Mindestaufenthalt von fünf Jahren voraus. Wenn man diesen Aufenthaltstitel in einem europäischen Land erhalten hat, kann man damit in ein anderes europäisches Land gehen und einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis stellen, wenn man ein Arbeitsplatzangebot hat. 

Mit einem Daueraufenthaltstitel dürfen die Männer auch in Deutschland arbeiten?

In Deutschland muss zunächst die Bundesagentur für Arbeit zustimmen. Wenn das der Fall ist, kann man einen Aufenthaltstitel in Deutschland bekommen und darf arbeiten. Einige der Personen, die in der Gutleutkirche untergekommen sind, sind im Besitz eines Aufenthaltstitels aus einem anderen europäischen Land. Die haben zum Teil auch schon Jobangebote gefunden in Deutschland. Sie können sich ganz legal um einen Aufenthaltstitel bewerben und einige haben dies bereits schon erfolgreich getan.

Gibt es auch Möglichkeiten ohne einen solchen Aufenthaltstitel in Deutschland bleiben zu können?

Es gibt andere Lösungen: Der Sorgeberechtigte, bei dem das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, darf wegen des Umgangsrechts in Deutschland bleiben. Außerdem können Betroffene, die in einem Land der Europäischen Union die Einbürgerung durchlaufen, als EU-Bürger nach Deutschland kommen. In Deutschland können sie sich dann um einen Arbeitsplatz bemühen – dann natürlich ohne jegliche Zugangsbeschränkungen. 

Wie sieht das mit Berufsfeldern aus wie den Pflegebereich, in denen Mangel herrscht?

Voraussetzung ist ein qualifizierter Berufsabschluss, also eine mindestens zweijährige Ausbildung, die in Deutschland anerkannt wird. Wenn es sich um eine Arbeit handelt, bei der in Deutschland wirklich Bedarf besteht, dann besteht die Möglichkeit, dass die Arbeitsagentur der Arbeitsaufnahme zustimmt, wenn keine arbeitslosen Deutschen oder EU-Bürger zur Verfügung stehen.

Wer eins ist mit sich selbst, ist stark.
Aber wer ist das?

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