Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote der EKHN zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular und auf facebook sind wir offen für Ihre Anregungen.

Menümobile menu

Arbeit

„Wir alle entscheiden“ - Diskussion über die Zukunft der Arbeitswelt

Volker RahnDiskussion zur Arbeit 4.0 (von links): Thorsten Winter (Redakteur der FAZ), Volker Jung (Kirchenpräsident der EKHN), Anette Weisbecker (Stellvertretende Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation), Kai Beckmann (Geschäftsleitung von Merck), Yasmin Fahimi (Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales), Volker Weber (Landesbezirksleiter des IG BCE Hessen-Thüringen) und Nick Sohnemann (Future Candy GmbH)

Wie sieht die Zukunft der Arbeitswelt aus? Beim Darmstädter Chemiekonzern Merck diskutierten Politiker, Experten und Theologen über das „Arbeiten 4.0“.

Volker RahnKirchenpräsident Volker Jung beim Symposium zu Arbeit 4.0

Auch das Arbeitsleben der Zukunft braucht klare Regeln. Staatssekretärin Yasmin Fahimi (SPD) vom Bundesarbeitsministerium kritisierte in Darmstadt, dass trotz eigenständiger Gewerkschaften und Tarifautonomie immer weniger Arbeitsverhältnisse in Deutschland noch Tarifverträgen unterlägen. Dabei sei die große Wirtschaftskraft der Bundesrepublik nicht trotz, sondern gerade wegen einer starken Sozialpartnerschaft entstanden, sagte Fahimi beim Symposium „Arbeiten 4.0“ des Darmstädter Chemie- und Pharmakonzerns Merck.

„Nur zwölf Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland sind durch die wachsende Digitalisierung tatsächlich gefährdet“, stellte Fahimi unter Berufung auf Arbeitsmarktstudien fest. Dennoch sei ein Arbeitnehmer leichter zu motivieren, „wenn er weiß, dass er auch morgen seine Familie ernähren kann“, appellierte sie an die Wirtschaft, nicht nur nach Rendite zu streben, sondern auch Arbeitsplätze im Blick zu haben. „Wir werden nicht erfolgreich sein, wenn wir einfach nur Silicon Valley kopieren“, warnte sie vor einer Übernahme US-amerikanischer Unternehmensphilosophien. Klare Regeln garantierten den sozialen Frieden und sicherten den Unternehmen Planbarkeit.

Lebenslanges Lernen als Schlüssel zu persönlicher Freiheit

Energisch warb Fahimi für mehr Anstrengungen zur Fort- und Weiterbildung von Arbeitnehmern. Lebenslanges Lernen sei nicht nur eine Floskel, sondern auch ein Schlüssel zur persönlichen Freiheit jedes Einzelnen. Anette Weisbecker vom Fraunhofer-Insitut für Arbeitswirtschaft und Organisation unterstützte sie darin. 70 Prozent der Arbeitnehmer sähen die Notwendigkeit ständiger Weiterbildung. In großen Unternehmen sei das aber leichter möglich als in mittleren und kleinen - eine Sicht, die Volker Weber, Landesbezirksleiter der IG Bergbau, Chemie, Energie Hessen-Thüringen, bekräftigte.

Nur flexible und qualifizierte Beschäftigte könnten den permanenten Wandel der Arbeitswelt selbst aktiv mitgestalten, griff Fahimi den Faden wieder auf. „Es gibt keinen technologischen Determinismus“, gab sich die Staatssekretärin sicher. „Wir alle entscheiden, nichts ist vorbestimmt.“

Kirchenpräsident kritisiert verwischte Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben

In diesem Punkt widersprach ihr der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung. „Ich möchte zumindest ein Fragezeichen dahinter setzen“, sagte der evangelische Theologe. Es gebe technische Entwicklungen, denen sich niemand widersetzen könne. „Wir sind als Menschen zwar dazu bestimmt, in Freiheit zu leben“, zeigte sich Jung überzeugt. Er bezweifle aber, ob dies unter dem Zeichen der Digitalisierung aller Lebensbereiche auch überall gelingen könne. Schon jetzt verwischten die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben immer mehr.

Merck-Manager Kai Beckmann pflichtete dem Kirchenpräsidenten bei. „Wir können nicht alles steuern“, sagte das Mitglied der Geschäftsleitung. Regelmäßig würden Marktführer einer Branche von Newcomern hinweggefegt, die sich den technologischen Wandel zunutze machten. „Wer da nicht mitzieht, verliert,“ warnte Beckmann.

Der Manager kritisierte, dass viele Regeln in der Arbeitswelt im Blick auf diejenigen gemacht würden, die nicht in erster Linie am Erfolg des Unternehmens interessiert seien. Als Beispiel nannte er Arbeitszeiten und Arbeitzeiterfassung. Viel sinnvoller sei es, sich an den Leistungsbereiten zu orientieren.

Regulierung der Arbeitswelt überdenken

Der Unternehmensberater und Digitalisierungsexperte Nick Sohnemann warf der Runde vor, sie beschäftige sich einseitig mit den Risiken des technologischen Wandels und begreife dessen Chancen nicht. „Erst wurde das Auto erfunden, und dann der Sicherheitsgurt, nicht umgekehrt.“ Auch die Regulierung der Arbeitswelt müsse überdacht werden. „Ich arbeite gern“, sagte Sohnemann, „und gern auch eine Stunde länger.“ Für Fahimi ignorierte Sohnemann damit, dass viele Beschäftigte fremdbestimmt unter unter großem Druck arbeiten müssen.

© epd: epd-Nachrichten sind urheberrechtlich geschützt. Sie dienen hier ausschließlich der persönlichen Information. Jede weitergehende Nutzung, insbesondere ihre Vervielfältigung, Veröffentlichung oder Speicherung in Datenbanken sowie jegliche gewerbliche Nutzung oder Weitergabe an Dritte ist nicht gestattet.

Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

Matthäus 25, 40

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages/tolga tezcan

Zurück zur Webseite >

to top