
Hasan Sharifi / fundus-medien.de
Kirchenasyl in der aktuellen Debatte – Herausforderungen und Perspektiven
veröffentlicht 22.05.2025
von Redaktion / RvD
Das Kirchenasyl steht weiterhin im Mittelpunkt politischer Diskussionen. Während die Zahl der Härtefälle steigt, nehmen die Anerkennungen durch das BAMF ab. Das bedeutet eine besondere Herausforderung für Kirchengemeinden, die sich für die Wahrung der Menschenwürde einsetzen.
Vor dem Hintergrund der Asyldebatte steht auch das Kirchenasyl in der Kritik. Der interkulturelle Beauftragte der EKHN, Andreas Lipsch, plädiert dafür, dass sich Kirchengemeinden weiter für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen. Auch in der Bibel hat der Umgang mit Fremden ein starkes theologisches Gewicht. „Einen Fremden sollst du nicht bedrücken. Ihr wisst doch, wie es einem Fremden zumute ist, denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen“ heißt es im Alten Testament. (2. Mose 23,9).
Kirchenasyl und komplexe Regelungen
Dennoch steht in politischen Debatten seit einiger Zeit das Kirchenasyl in der Kritik. Bei diesem gewähren Kirchengemeinden Personen, die von einer Abschiebung bedroht sind, einen zeitlich befristeten Schutz. Das Kirchenasyl ist jedoch kein Recht im formalen Sinn. Bei jeder Person, die eine Gemeinde bei sich aufnimmt, muss es sich um einen Härtefall handeln, der im Anschluss vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geprüft wird. Die Kirchengemeinde legt dem BAMF hierfür ein Härtefalldossier vor. In diesem muss dargelegt werden, warum es für die betroffene Person unzumutbar ist, einen Asylantrag in einem anderen Mitgliedsstaat der EU zu stellen, etwa wenn dort Gefahr für Leib und Leben droht. 2.400 Fälle von Kirchenasyl hat es im vergangenen Jahr bundesweit gegeben. In Gemeinden in der EKHN haben im Jahr 2024 in 163 Fällen Kirchenasyle begonnen.
Dublin-Verfahren und Härtefälle
Kritik an der Prüfung der Fälle äußert Andreas Lipsch, interkultureller Beauftragter der EKHN und Leiter der Abteilung Flucht, interkulturelle Arbeit und Migration der Diakonie Hessen. Immer seltener seien solche Härtefälle in der letzten Zeit anerkannt worden, „von Januar bis Oktober 2024 hat das BAMF kein einziges Härtefalldossier positiv entschieden“, stellt Lipsch fest. Wird ein Dossier abgelehnt, fordert das BAMF die Gemeinde zur Beendigung des Kirchenasyls innerhalb von drei Werktagen auf. Doch auch in europäischen Transitländern wie Bulgarien, Polen oder Kroatien, in die Schutzsuchende nach dem Dublin-Verfahren zurückgeführt werden sollen, seien diese Misshandlungen, sexueller Gewalt, willkürlichen Inhaftierungen sowie mangelnder oder fehlender medizinischer Versorgung ausgesetzt.
Zehn kritische Aktionen bundesweit zählt die Vorstandsvorsitzende der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche Diethild Joachims für das vergangene Jahr, wie sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilte. In diesen Situationen hätten Behörden Kirchenasyl vorzeitig beendet oder eine Räumung versucht – meist begleitet von öffentlichen Protesten. In einem Appell zusammen mit 144 weiteren Bundes- und Landesorganisationen hat die Bundesgemeinschaft im Februar 2025 die Einhaltung der Menschenrechte. Auch die Kirchensynode der EKHN hatte auf ihrer letzten Tagung im Dezember 2024 die Wahrung des Asylrechts gefordert und den Flüchtlingsfonds der Landeskirche bis 2030 verlängert.
Forderung nach konsequentem Einsatz für Menschenrechte
Andreas Lipsch plädiert dafür, dass Kirchengemeinden sich weiter für die Wahrung der Menschenwürde, wie sie der Artikel 1 des Grundgesetztes festschreibt, einsetzen sollen. Dabei spricht er von einem „zivilen Menschenrechtsgehorsam“, also dem konsequenten Einsatz für Menschenrechte. Engagement sei in der aktuellen Debatte wichtiger denn je. Es gilt Wege zu finden, um Menschenrechte und rechtliche Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen.
Den kompletten Beitrag von Andreas Lipsch können Sie hier nachlesen.
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