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Wie geht Hessen-Nassau mit dem Thema sexualisierte Gewalt um?
veröffentlicht 21.11.2023
von Volker Rahn
Die EKD-Ratsvorsitzende ist zurückgetreten. Grenzüberschreitende Handlungen, sexualisierte Gewalt und Missbrauch beherrschen immer wieder die Schlagzeilen. Um Missbrauch möglichst zu verhindern, setzt die EKHN folgende Maßnahmen um.
Rund um den Rücktritt der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, ist das Thema grenzüberschreitende Handlungen, sexualisierte Gewalt und Missbrauch nochmals neu in die Schlagzeilen geraten. Wie geht die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) mit grenzüberschreitenden Handlungen, sexualisierter Gewalt und dem Thema Missbrauch um?
Hessen-Nassau und Prävention
Die EKHN hat sexualisierte Gewalt seit zwei Jahrzehnten zu einem Schwerpunkt ihrer Präventionsarbeit gemacht. Auslöser für eine Verstärkung waren im Jahr 2010 Hinweise Betroffener im Zuge der Debatte um Missbrauch in der katholischen Kirche. Die EKHN reagierte unmittelbar, als sich auch bei der EKHN Betroffene meldeten. Es wurden neben den Beauftragten für Chancengleichheit weitere konkrete Ansprechpartnerinnen und -partner benannt. Seitdem wurde die Präventions- und Aufarbeitungsarbeit in der EKHN kontinuierlich weiterentwickelt und verstärkt. Sie reicht von Kampagnen wie "handeln hilft" bis hin zu einem umfassenden Gewaltpräventions-Gesetz.
Präventions-Gesetz setzt Standards
Ein wichtiger Schritt war die Verabschiedung des Gewaltpräventions-Gesetzes von 2020. Es fasst viele Einzelmaßnahmen zusammen und definiert unter anderem klare Standards zu verpflichtenden Schutzkonzepten in kirchlichen Einrichtungen. Es stellt zudem verbindliche Verhaltensanforderungen an Haupt- und Ehrenamtliche, wie zum Beispiel ein Distanz- und Abstinenzgebot in besonderen Macht- und Vertrauensverhältnissen und bei besonderen Abhängigkeiten auf. Verbindlich werden darin neben der Prävention auch Intervention und Aufarbeitung festgelegt.
Hilfe und Strafverfolgung in der EKHN
Betroffenen, die sich wegen sexualisierter Gewalt melden, half die EKHN von Anfang an individuell und unbürokratisch, etwa bei der Finanzierung möglicher Therapiekosten. In Absprache mit den Betroffenen wurde Anzeige erstattet Im Oktober 2022 hat in Hessen-Nassau zudem eine unabhängige Anerkennungskommission ihre Arbeit aufgenommen. Die EKHN beteiligt sich außerdem an der umfassenden „Forum“-Aufarbeitungsstudie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Außerdem finanzierte die EKHN eine wissenschaftliche Vorstudie über strukturelle Begünstigungen von sexualisierter Gewalt in der Kirche mit, die durch die Humboldt-Universität Berlin erarbeitet wurde.
Einbezug Betroffener von Anfang an
In der EKHN prägen die Erfahrungen durch die Aufarbeitung der Schicksale von Kindern in evangelischen Heimen die Begleitung von Betroffenen sexualisierter Gewalt. Hier leistete die EKHN vor allem mit dem Einbezug Betroffener von Anfang an Pionierarbeit. Diese Ansätze waren bundesweit wegweisend und flossen auch in den Aktionsplan der EKD gegen sexualisierte Gewalt ein. Im Jahr 2023 nahm die multiprofessionell besetzte Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt ihre Arbeit auf. Sie ist direkt dem Kirchenpräsidenten zugeordnet. In ihr werden vorhandene Stellenressourcen gebündelt und aufgestockt. Wichtiges Mitglied ist der Betroffenenvertreter, der die Sichtweisen und Anliegen Betroffener in die Arbeit einbringt und die Kirchenleitung berät.
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