Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Pfarrer verschiedener Kirchen mit violetten, weißen und schwarzen Talaren bei einer ökumenischen Tauffeier im Hildesheimer Dom

Werner Kaiser / Wikimedia

Ökumenische Taufvesper im Hildesheimer Dom 2014
  • Ökumene

Ökumenische Bewegung

veröffentlicht 29.07.2023

von Hans Genthe

Die ökumenische Bewegung strebt die weltweite Zusammenarbeit und Einigkeit der christlichen Konfessionen an.

Ökumene weltweit und regional

Hunderte von Glaubensgemeinschaften auf der ganzen Welt feiern und bekennen Gottes rettendes Handeln für die Menschen durch Jesus Christus. Die unterschiedlichen Konfessionen sind in unzählige Kirchen gespalten. Denn: trotz ihres gemeinsamen Fundaments trennen die Kirchen wichtige Unterschiede in der Glaubenslehre und dem Gemeindeleben. Mehr als 350 Kirchen aus 120 Ländern auf allen Kontinenten der Erde gehören mittlerweile dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) mit Sitz in Genf an. 
 
Der ÖRK ist selbst keine Kirche, sondern so etwas wie eine Dachorganisation, die etwa 580 Millionen Christinnen und Christen vertritt. Diese kommen aus Traditionen der protestantischen Reformation wie Anglikaner, Baptisten, Lutheraner, Methodisten und Reformierte, aber auch der meisten östlich-orthodoxen Kirchen. Hervorgegangen aus der Ökumenischen Bewegung am Anfang des 20. Jahrhunderts und den Umbrüchen nach dem 2. Weltkrieg, wurde der ÖRK 1948 gegründet.

Ökumene als Welt der Christenheit

Mit dem griechischen Wort Oikumene bezeichneten die Menschen in der Antike den gesamten bewohnten, damals bekannten, Erdkreis. In dem Maß, wie das Christentum in den ersten Jahrhunderten den ganzen Raum um das Mittelmeer prägte, und später bis Nordeuropa und dann weitere Kontinente reichte, wurde Ökumene als weltumspannende Christenheit verstanden. Die Bedeutung konfessioneller Annäherung bekam der Begriff der Ökumene erst im 20. Jahrhundert.

Ökumene - auch eine Spaltungsgeschichte

Im Prozess der Ausbreitung des Christentums haben Bischöfe und Theologen von Anfang an darum gerungen, wie der rechte Glaube zu bestimmen sei, wer dazugehören darf, und welche Gemeinschaft als Sekte abgespalten werden muss. Im Mittelalter wuchs die katholische Kirche zum Platzhirsch der christlichen Welt heran. Ökumene war gleichbedeutend mit der katholischen Welt. Ab dem Jahr 1054 ging die orthodoxe Welt ihren eigenen Weg, und im 16. Jahrhundert entwickelte sich in England die Anglikanische Gemeinschaft mit protestantischen und katholischen Elementen.
 
Die Reformation im 16. Jahrhundert führte zu einer tiefen Spaltung der Kirche in  unterschiedliche evangelische Konfessionen wie Lutheraner und Reformierte. Mittlerweile gibt es allein in Europa etwa hundert evangelische Kirchen unterschiedlicher Bekenntnisse. Mehr als 400 Jahre lang haben viele von ihnen die Taufe der anderen nicht anerkannt oder haben kein Abendmahl miteinander gefeiert. Pfarrer konnten in eine andere Kirche wechseln. Es gab keine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft.

Einheit in versöhnter Verschiedenheit möglich

Die Spaltung der evangelischen Welt hat 1973 eine Konferenz im schweizerischen Leuenberg mit der Gründung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) beendet. Seitdem gilt Ökumene aus evangelischer Sicht als „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“. Heute würde man von kirchlicher Diversität sprechen, in der nicht ein Kirchenmodell für alle gilt, sondern verschiedene christliche Traditionen einmütig nebeneinander leben. Die Versöhnung geschieht dadurch, dass vor dem Beitritt einer Kirche Gemeinsamkeiten und Unterschiede ausführlich geklärt werden. In diesem Wissen kann jeder Gläubige am Gemeindeleben in einer theologisch anders geprägten Kirche teilnehmen. 
 
Das Modell der „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ bieten die evangelischen Kirchen der katholischen Kirche als Möglichkeit eines gemeinsamen Weges an. Dieses Modell ist für die römische Kirche schwierig bis unmöglich. Denn sie versteht sich als weltumspannende alleinige wahre Kirche unter der Führung des Papstes, eine Kirche, zu der jeder und jede eingeladen ist. Diese Kirche hat also ein deutlich anderes Kirchenverständnis, ein anderes Amtsverständnis und andere Traditionen. Deshalb ist die römisch-katholische Kirche auch nicht Mitglied im ÖRK, sie arbeitet aber mit der Genfer Organisation zusammen.

Gelebte Ökumene vor Ort

Praktische ökumenische Zusammenarbeit gibt es auch in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), bei der auch die katholische Kirche Mitglied ist. Gerade auf regionaler Ebene zeigt sich hier die Ökumene stark. Zur ACK gehören auch Kirchen orthodoxer Tradition sowie verschiedene Freikirchen und Altreformierte, Altkatholiken und Brüdergemeine sowie verschiedene Gastkirchen. In Deutschland werden die verschiedenen Formen des Glaubens insbesondere an den beiden großen Kirchen, der evangelische und katholische Kirche sichtbar. Das Thema der Ökumene ist also auch hierzulande viel breiter als nur eine Frage von evangelisch oder katholisch. 
 

Ökumenische Ratgeber

Im Bereich der Hessischen Kirchen kümmert sich das Zentrum Ökumene in Frankfurt am Main um alle ökumenischen Fragen. Es bietet Bildungsangebote und informiert über Entwicklungsangebote sowie Fairen Handel, das Zentrum fördert Projekte in Partnerkirchen und informiert zu Friedensthemen. 
https://www.zentrum-oekumene.de/de/das-zentrum
 
Deutschlandweit forscht das Konfessionskundliche Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim zu Themen der katholischen Theologie und Kirche, zur Orthodoxie, zur Anglikanische Kirche sowie den Freikirchen. www.ki-bensheim.de
 

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