Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Eine Frau mit Rucksack sitzt vor der Kathedrale in Santiago

© Getty Images, Solovyova

Santiago de Compostela hat eine lange Tradition als Ziel des Jakobsweges - und als Sehnsuchtsort vieler Pilgernden
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Hintergrund zum Pilgern: Glaube erfahren beim Unterwegssein

veröffentlicht 30.04.2024

von Rita Haering

Pilgern, auch als “Beten mit den Füßen” bezeichnet, verbindet Körper, Geist und Seele. Im letzten Jahr waren rund 445.000 Fußpilgernde auf dem Jakobsweg unterwegs – eine rekordverdächtige Anzahl. Diese spirituelle Praxis hat eine lange Tradition und bietet die Möglichkeit, sich mit der Natur und der eigenen inneren Suche zu verbinden.

Pilgern ist eine ganzheitliche Glaubenspraxis, die Körper, Geist und Seele anspricht. Oft als “Beten mit den Füßen” bezeichnet, wird das Pilgern vorwiegend unter freiem Himmel praktiziert. Die Natur bietet die Möglichkeit, sich mit seiner “Lebenskraft und allem Lebendigen zu verbinden”, wie Pfarrerin Natalie Ende festgestellt hat.

Alle Reisen haben eine heimliche Bestimmung, die der Reisende nicht ahnt.

Martin Buber

Im Unterschied zum Wandern geht es beim Pilgern neben der Bewegung zusätzlich um die spirituelle Suche und die Glaubenserfahrung während des Unterwegsseins.

Was versteht man unter Pilgern?

Das Pilgern wird im Christentum, aber auch in anderen Religionen wie dem Judentum, dem Islam, dem Hinduismus und Buddhismus praktiziert. Der Begriff „Pilger“ geht auf das lateinische Wort „peregrinus“ zurück, das eine Bezeichnung für „den Fremden“ ist. Wer pilgernd unterwegs ist, geht aus der vertrauten Umgebung heraus. Ziel ist, sich spirituellen Erfahrungen zu öffnen, auch besondere religiöse Orte können aufgesucht werden. Dabei reichen die Wurzeln des Pilgerns weit zurück.

Entwicklung des christlichen Pilgerns

Evangelische entdecken begeistert das Pilgern

Längst begeisterten sich auch evangelische Christinnen und Christen für das „Beten mit den Füßen“. Viele erleben die Verbindung von körperlicher Bewegung und Glauben als anregend und stärkend. Zudem lässt sich das Pilgern gut mit dem protestantischen Verständnis verknüpfen, bei dem die Worte der Bibel die entscheidende Richtschnur der Glaubenspraxis bilden: Den vielen Weggeschichten der Bibel wie der Exodusgeschichte, aber auch dem Nachfolgegedanken, können sich Pilgernde beim Gehen mit allen Sinnen annähern. Zudem sind aus guten, ökumenischen Kontakten gemeinsame Pilgerwege erwachsen. 2009 hat Hape Kerkeling durch das Buch „Ich bin dann mal weg. Meine Reise auf dem Jakobsweg“ einen regelrechten Pilgerboom ausgelöst, den bisher nur die Pandemie etwas bremsen konnte.

Santiago ist nicht das Ziel des Jakobswegs, es ist der Anfang.

Pilgerweisheit

Zudem sind Formen wie das Fahrradpilgern dazugekommen.
Ein Teil des Jakobsweges führt auch durch Hessen-Nassau, aber auch viele weitere kreuzen das Kirchengebiet, wie der Lutherweg, die Bonifatiusroute oder der Elisabethpfad. Es lässt sich fast vor der eigenen Haustür einsteigen.

Exkurs: Was unterscheidet Pilgern von Wallfahrten?

Wallfahrten und Pilgern sind sich ähnlich – bei beiden geht es um eine religiös begründete Reise. Bei einer Wallfahrt steht das Ziel, der Besuch einer religiösen Stätte, etwas stärker im Mittelpunkt, während beim Pilgern die Betonung eher auf den Begegnungen und Glaubenserfahrungen beim Unterwegsseins liegt. Pilgern gehört heute zur Glaubenspraxis in der evangelischen und katholischen Kirche, wobei Wallfahrten im katholischen Bereich organisiert werden.

Quellen:

  • Brockhaus-Personenlexikon: Wer ist wer in der Bibel? (Witten, 2013)
  • Hrsg.: Hans Dieter Betz u.a.: Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft: Religion in Geschichte und Gegenwart (Tübingen, 2005)
  • Hrsg.: Natalie Ende: Im Grünen (Frankfurt am Main, 2017)

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