
© Getty Images, Anna Ostanina
Die Rauhnächte: Zwölf heilige Nächte zwischen Weihnachten und Dreikönig – christliche Exerzitien neu entdecken
veröffentlicht 20.05.2025
von Rita Haering
Die Rauhnächte gelten seit Jahrhunderten als besondere Zeit zwischen den Jahren. Viele spüren hier eine Sehnsucht nach Ruhe und Sinn. Christliche Übungen zeigen, wie diese zwölf Nächte ganz individuell zu einer Quelle von Kraft und Orientierung werden können.
Exerzitien
Exerzitien sind geistliche Praktiken, zu denen unterschiedliche Gebetsformen, Meditationen und Lebensbetrachtungen gehören können. Der Sinn ist, sich wieder stärker mit Gott zu verbinden. Dabei suchen sich die Praktizierenden einen geschützten Rahmen – ein Zimmer in der eigenen Wohnung, ein Kloster oder christliches Tagungshaus. Exerzitien können den Alltag eine halbe Stunde lang unterbrechen, aber auch mehrere Tage oder Wochen dauern.
Am Ende des Jahres bereiten sich viele Menschen auf die Rauhnächte vor. Bücher und Räucherwerk in den Geschäften und Postings über die Wintersonnenwende und geheimnisvolle Rituale zeigen große Interesse. Die Rauhnächte beginnen am 1. Weihnachtsfeiertag, dem 25. Dezember, und enden am Dreikönigstag, dem 6. Januar. Auch die christlichen Glaubenspraxis umfasst die Zeit der Rauhnächte und bezeichnet sie als „zwölf heilige Nächte“, die aber nicht offiziell zum evangelischen Kirchenjahr gehören. Hier erklären wir die Bedeutung, die Hintergründe und die Geschichte. Außerdem zeigen wir, wie sich mit christlichen Glaubensimpulsen die zwölf heiligen Nächte bereichernd gestalten lassen. Wir laden zu einer spirituelle Reise in Form von „Exerzitien im Alltag“ ein, die dem Leben neue Impulse geben kann.
Bedeutung und Entstehung der Rauhnächte

© Getty Images, bulgac
Die Vorstellungen über die Rauhnächte reichen weit in vorchristliche Zeiten zurück. Danach sollen unberechenbare Mächte ihr Unwesen getrieben haben, aber bestimmte Rituale sollen dafür gesorgt haben, dass ihr Treiben eingedämmt wurde. Mit der Einführung des Christentums hat sich noch nicht alles geändert, denn vor allem in ländlichen Gebieten haben sich die alten Vorstellungen gehalten.
Christliche Glaube trifft auf Rauhnächte

© Getty Images, artplus
Die zwölf heiligen Nächte gewinnen im christlichen Umfeld zunehmend an Bedeutung, denn der Advent ist kaum noch eine Zeit der Stille, weil er eher von stressigen Vorbereitungen auf Weihnachten geprägt wird. Somit bieten die zwölf heiligen Nächte die Gelegenheit für Exerzitien im Alltag – das heißt, zur Ruhe zu kommen, in sich zu gehen und die Verbindung mit Gott zu suchen. „Die Erfahrung vieler Generationen zeigt, dass Menschen in dieser Zeit offener für Träume, für Berührungen mit Glaubens- und Lebensthemen sind“, erklärt der evangelische Theologe Thomas Müller, ehemals Referent für geistliches Leben im Zentrum Verkündigung der EKHN.
Der Vordenker und evangelische Theologe Jörg Zink erachtete es bereits in den 90er Jahren als wichtig, sich meditativ auf die hoffnungsvolle christliche Botschaft des Lichts in den zwölf heiligen Nächten einzulassen.
Evangelische Impulse für die zwölf heiligen Nächte
In seinem Buch „Zwölf Nächte“ beschreibt Zink, dass Christ:innen das Licht in die Rauhnächte mit den alten Vorstellungen über das wilde Treiben der Geister in dunklen Nächten bringen. „Sie setzen das einfache Wort von der Nähe Gottes den Angstträumen entgegen.“ Gott erscheine nicht mehr als wildes Geisterheer, sondern in der Gestalt eines Kindes. Zink regt dazu an, die stillen Tage der „zwölf heiligen Nächte“ so zu gestalten, „dass uns etwas Heilsames geschieht.“
Für jeden der zwölf Tage gibt es Impulse aus der Weihnachtsgeschichte, die zur persönlichen Reflexion und Auseinandersetzung anregen, um Bilanz zu ziehen, sich auf das neue Jahr auszurichten und sich von der Glaubensgeschichte berühren zu lassen. Im Kern geht es nach Jörg Zink darum, dass Gott selbst in uns zur Welt kommt: „Der Friede ist auch uns zugedacht, und auch in uns kann etwas geschehen, wie jene Geburt eines Kindes, durch das sich alles wandelt.“
Evangelische Glaubenspraxis: Exerzitien im Alltag für jede der zwölf heiligen Nächte

© Getty Images, bohdan befz
Zwölf gestaltete Blätter zum Herunterladen laden dazu ein, die Abende zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar in Form von „Exerzitien im Alltag“ zu gestalten. Sie bieten Anregungen, Impulse und Fragen für die persönliche, spirituelle Reflexion und lehnen sich inhaltlich an das Buch „Zwölf Nächte“ des evangelischen Theologen Jörg Zink an. Die Elemente verbinden christlichen Glauben mit deiner persönlichen Lebenssituation. Sie bieten Raum für individuelle Gedanken, um sich für das kommende Jahr neu auszurichten. Die Blätter sind so konzipiert, dass du das Thema eines bestimmten Abends frei wählen kannst – je nach Interesse und Bedürfnis. Es ist auch nicht notwendig, sich mit allen zwölf Impulse auseinanderzusetzen - wenn deine Zeit nur für ein Blatt reicht, ist auch das vollkommen in Ordnung. Die Zeichnung auf den Blätter kannst du gerne auch kreativ gestalten.
Thomas Müller, der Referent für geistliches Leben, empfiehlt, sich einen Ort und eine Zeit einzurichten, um diesen Impulsen nachzugehen. Ein Blatt zur Einstimmung unterstützt dabei, dich innerlich auf auf deine stillen Momente zwischen den Jahren vorzubereiten. Dabei kannst du gerne eine Weihrauch-Duftkerze anzünden. Weihrauch hat eine ganz besondere Bedeutung in der christlichen Tradition: Weihrauch war eines der Geschenke, welche die Weisen aus dem Morgenland dem neugeborenen Jesus brachten. So haben auch die frühen Christen der Spätantike den Gebrauch von Weihrauch in ihren Gottesdiensten von den Römern übernommen.
Vorbereitung
Exerzitien für jede der heiligen Nächte
Das könnte dich auch interessieren

Weihnachtsfilm: Was auch immer Weihnachten für dich ist – wir feiern es
Ab dem 1. Advent startet der neue evangelische Weihnachtsfilm: bewegende Bilder, festliche Musik und starke Botschaften machen spürbar, was Weihnachten ausmacht. Ob Familie, Neubeginn, eine gute Story oder noch viel mehr – wir feiern es gemeinsam: #JauchzetFrohlocket

Günstig und nachhaltig vorbereiten: Ideen für Geschenke, Deko, Festessen für Weihnachten
Viele Menschen wünschen sich ein festliches und hochwertiges Weihnachtsfest – ohne dass die Kosten ausufern. Steigende Preise und hohe Erwartungen machen Geschenke, Deko und Festessen oft zur Belastung. Mit preiswerten Ideen, erschwinglichen Alternativen und sparsamen Tipps lässt sich Weihnachten bewusst vorbereiten: nachhaltig, kostengünstig und trotzdem festlich.

