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Raus aus dem Hamsterrad
veröffentlicht 26.02.2025
von Pfarrer Helwig Wegner-Nord
Wenn Nero, der kleine Goldhamster, flott in seinem Hamsterrad läuft und plötzlich damit aufhört, dreht sich das leichtgängige Rad weiter und nimmt Nero noch ein Stück rückwärts mit. Wenn er Pech hat, fällt er dann auf die Nase. Kluge Tiere beenden ihren Lauf deswegen nicht abrupt, sondern bremsen sich und damit das Rad schrittweise ab. Nero übt das noch.
Aussteigen will gelernt sein
Das Hamsterrad – Sinnbild für fortwährendes Rennen, ohne von der Stelle zu kommen – hat seine eigenen Tücken. Aussteigen will gelernt sein. Aber wie bin ich überhaupt da rein gekommen? Warum strampeln sich so viele Menschen ab, als lägen der Sinn des Lebens und das wahre Glück im Rennen?
Für jemanden, der innen drin ist, sieht ein Hamsterrad wie eine Leiter aus. Vielleicht denkt das auch der Hamster: er will noch oben und rennt immer weiter die vermeintliche Leiter hoch, die aber keine Leiter ist, die ihn an irgendein Ziel bringen könnte. Ist Nero dumm? Oder hat er nur die alte Weisheit im Kopf: „Sich regen bringt Segen!“?
Statt Stress und Strampeln – Stille
Stupides Rennen ohne Ziel, Hasten und Hetzen – so sieht der Alltag für sehr viele Menschen aus. Selbst das freiwillige ehrenamtliche Engagement im Elternbeirat oder Kirchenvorstand kann sich zum Rennen im Hamsterrad auswachsen. Wer zwischen allen Ansprüchen, zwischen Küche und Kindern und Karriere bestehen will, hat kaum eine andere Wahl, als sich abzustrampeln. Oder doch?
Die Sehnsucht wächst: Statt Stress und Strampeln – Stille. Statt immer erreichbar und bereit zu sein, Oasen des Schweigens. Ein sehr früher Vertreter der Ruhe scheint uns schon im Propheten Jesaja (~ 700 v.Chr.) zu begegnen. „Nur in Umkehr und Ruhe liegt eure Rettung, nur Stille und Vertrauen verleihen euch Kraft.“ (Jes. 30,15)
Wohin will ich, worin finde ich meinen Frieden?
Vor der Ruhe liegt die Umkehr, weiß Jesaja. Menschen brauchen zuerst, so kann man das übersetzen, ein neues Ziel, ein Bild von dem was werden soll, was aus ihnen selbst werden soll. Raus aus der Alltagsmühle komme ich nur, wenn ich mir vorstellen kann, wie ein anderes Leben aussieht. Natürlich soll die Hektik vorbei sein, und auch die vielen Ansprüche, die auf mich einstürzen und mir die Luft nehmen. Aber dass ich das sehe, reicht kaum für eine „Umkehr“. Es braucht einen positiven Entwurf: Wie sieht denn mein neues glückliches Leben aus? Wohin will ich, worin finde ich meinen Frieden? Was soll mein Herz erfüllen?
Das zu wissen, zumindest zu erahnen, ist der Anfang. Das Rad dreht sich noch in hoher Geschwindigkeit, aber ich weiß ja, dass der abrupte Ausstieg nur selten ohne Sturz gelingt.
Auf dem Weg zu einem besseren Leben gehe ich nun dran, Fenster zu schaffen, Zeitfenster für mich. Vielleicht am Anfang einmal in der Woche zwei Stunden Ruhe, ohne erreichbar zu sein, ohne neue aufregende Impulse zu erwarten. Zeit für mich muss nicht immer heißen, dass ich alleine bin. Auch ein regelmäßiges Gesprächsfenster kann mich zur inneren Ruhe bringen. Wer einander vertraut und einander Zeit schenkt, kann zusammen einen Raum der Ruhe schaffen.
Aussteigen will gelernt sein. Einzelne Schritte helfen dabei mehr als gewaltige Einschnitte. Was an Stress und Last mein Herz erfüllt, kann, nach und nach, innerer Ruhe weichen.

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