Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Hand, die auf ein Smartphone tippt, darüber Sprechblasen

© gettyimages, unya-mt

Im Blick auf Künstliche Intelligenz bei Seelsorge-Anfragen gibt Kirchenpräsidentin Prof. Dr. Christiane Tietz zu bedenken: "Wollen wir so leben, dass uns vorgegaukelt wird, wir hätten einen anderen Menschen vor uns? Oder ist uns weiter wichtig, dass wir Menschen begegnen?"

Künstliche Intelligenz in der Seelsorge: „KI kein Ersatz für menschliches Gegenüber"

veröffentlicht 25.09.2025

von Rita Haering, Gabriele Wetzel-Homberger

Immer mehr Menschen suchen Rat bei Chatbots – auch in seelischen Krisen. Was bedeutet das für die evangelische Seelsorge? Kirchenpräsidentin Prof. Dr. Christiane Tietz sieht Chancen, aber auch Risiken. Deshalb spricht sie sich für klare Leitlinien zum Einsatz von KI in der Seelsorge aus. In einem Interview mit evangelisch.de skizziert sie, welche Aufgaben sie der Kirche im Umgang mit rasant wachsenden KI-Anwendungen beimisst.

Was kann ich tun, um besser einzuschlafen? Wie verhalte ich mich nach einem Streit? Solche persönlichen Fragen richten immer mehr Menschen an KI-Systeme wie ChatGPT, Microsoft Copilot oder Google Gemini – und tauschen sich darüber auf Social Media aus. Was bedeutet dieser Trend für die evangelische Seelsorge? Prof. Dr. Christiane Tietz, Kirchenpräsidentin der EKHN, sieht Chancen im Einsatz von KI, warnt aber auch vor Risiken und skizziert die Rolle der Kirche.

KI als hilfreiches Werkzeug, aber kein Ersatz für ein menschliches Gegenüber

In einem Interview mit evangelisch.de erklärt sie: „KI kann in der Seelsorge unterstützend wirken – als Einstieg in einen Austausch oder als Begleiter in der Nacht.“ Dabei stellt sie klar: „KI kann ein Werkzeug sein – aber kein Ersatz für das menschliche Gegenüber, das zuhört, mitfühlt und betet.“ Damit betont sie die Bedeutung des Austausches von Mensch zu Mensch: „Das Wissen darum, dass ein anderer Mensch mit mir empathisch ist, ist heilsam für unsere Seele.“ Das tiefe Vertrauen, welches die Seelsorge trage, entsteht dort, wo ein Mensch einem anderen Menschen begegne – „Nicht perfekt, aber echt.“

Die Kirchenpräsidentin wird deutlich: „Die Kirche darf nicht zulassen, dass Seelsorge zu einem maschinellen Dienst verkommt. Sie muss deutlich machen: echte Seelsorge ist Beziehung.“

Aufgaben der Kirche im Hinblick auf Künstliche Intelligenz

Deshalb sieht Kirchenpräsidentin Tietz die Kirche in der Verantwortung, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz kritisch zu begleiten und ethisch zu reflektieren. Sie nennt dabei konkrete Aufgaben:

  • Kennzeichnungspflicht: „Daraus leitet sich die ethische Pflicht ab, bei der Verwendung von KI jeweils kenntlich zu machen, dass wir KI vor uns haben.“
  • Verantwortung klären: „Die Kirche sollte die Frage danach wachhalten, wer Verantwortung trägt, wenn KI Schaden anrichtet.“
  • Schutz vulnerabler Gruppen: „Wir müssen besonders verletzliche Gruppen wie Kinder und Jugendliche sowie psychisch belastete Menschen schützen.“
  • Leitlinien entwickeln: „Insofern ist es wichtig, Leitlinien dafür zu entwickeln, wo und wie KI in der Seelsorge eingesetzt werden darf und wo und wie nicht.“
  • Pilotprojekte fördern: „Pilotprojekte für eine erfahrungsbasierte Entwicklung solcher Leitlinien sind hilfreich.“
  • Theologische Orientierung bieten: „Wir müssen immer wieder thematisieren, was es eigentlich mit unserem Menschenbild macht, wenn wir denken, dass Menschen durch Maschinen, die besonders schnell und gut Probleme lösen können, ersetzt werden können. Wir reduzieren dann den Menschen auf seine kognitive Intelligenz und Problemlösungsfähigkeit.“ Zudem benennt sie einen weiteren Aspekt: „Ich sehe außerdem eine Gefahr darin, dass die Allgegenwart und Nähe von KI mit der Allgegenwart und Nähe Gottes verwechselt wird.“
  • Datenschutz: „Wie können Datenschutz und Vertraulichkeit verlässlich sichergestellt werden?“

Interview im Wortlaut auf evangelisch.de lesen:

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