Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Straße in Frankfurt bei Nach, bunte Lichter von den Fenstern, rote Herzen, es ist das Rotlichtviertel

Arne Hückelheim/Wikimedia

Zwangsprostitution und Frauenhandel existieren nach wie vor - auch in Frankfurt. Armut und Perspektivlosigkeit in ihren Heimatländern treibt Frauen in die Arme von Menschenhändlern. Sie werden bedroht und geschlagen. Ihre Menschenwürde wird massiv verletzt.
  • Frauen

Frauenrecht und Menschenhandel

veröffentlicht 29.10.2025

von Britta Jagusch

Frauen aus unterschiedlichen kirchlichen Gruppierungen setzten sich schon in den 1970er Jahren gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel ein und brachten das Thema – auch gegen Widerstände aus der Kirche – in die Öffentlichkeit.

„Wir mussten Mut haben, uns überhaupt zu diesem Thema zu Wort zu melden“, erinnert sich Brigitte Gößling, damals Mitglied der EKHN Synode. Auch die Kirche sei zunächst zurückhaltend beim Thema Prostitution gewesen. Unterstützung erhielten die Frauen allerdings von Anfang an vom damaligen Propst Dieter Trautwein und seiner Familie. Auch das Zentrum Ökumene unterstützte die Arbeit.

Eine FRau mit halblangen gewellten dunkelblonden Haaren und einem gestreiften Pullover blickt in die Kamera, sie sitzt am Tisch

L.Wendl

Brigitte Gößling war Mitbegründerin der Ökumenischen Thailand Gruppe und ist bis heute im Vorstand von FIM – Frauenrecht ist Menschenrecht e.V. aktiv.

Aus christlicher Verantwortung tätig

Die Frauen handelten aus christlicher Verantwortung heraus und bildeten schon bald ein großes Netzwerk, das vom Verband binationaler Partnerschaften bis hin zu von Prostituierten selbst organisierten Gruppen reichte. Frauen aus Südostasien wurden damals vermehrt Opfer des Frauenhandels und mussten unter Zwang in Deutschland der Prostitution nachgehen.

Weltgebetstag thematisiert Frauenhandel

Im Zusammenhang mit dem Weltgebetstag der Frauen starteten Frauen aus Thailand 1980 einen Aufruf an die Menschen in den Industriestaaten, um auf Sextourismus und Frauenhandel aufmerksam zu machen. Sie fragten: Was ist mit eurer Gesellschaft los? Weshalb kommen Männer aus euren Ländern in unsere Städte und machen sie zu ihren Bordellen? Dieser Aufruf war der Anlass für eine Gruppe von Christinnen aus Frankfurt, sich für Thailänderinnen einzusetzen, die infolge des Sextourismus als sogenannte Heiratsmigrantinnen nach Frankfurt kamen. 

grünes Logo des Weltgebetstag der Frauen

WGT

Frauen auf Augenhöhe begegnen

Aus diesem Anlass gründete Brigitte Gößling mit anderen Kirchenfrauen in Frankfurt die Ökumenische Thailandgruppe. „Es war unser erster Kontakt mit dem Milieu, aber wir sind den Frauen immer auf Augenhöhe begegnet“, so Gößling. Für die eher aus dem bürgerlichen Milieu stammenden Frankfurterinnen war dies ein Lernprozess.

Ökumenische Asiengruppe gegründet

Als neben Frauen aus Thailand immer mehr Migrantinnen aus anderen asiatischen Ländern, vor allem von den Philippinen, Rat und Unterstützung suchten, erfolgte eine Namensänderung in Ökumenische Asiengruppe.

Vier Frauen mit dunklen langen Haaren und weißen T-Shirts stehen hintereinander und blicken in die Kamera

FIM - Frauenrecht ist Menschenrecht e.V.

Die Unterstützung von Migrantinnen, die von Menschenhandel betroffen und zur Prostitution gezwungen wurden, begann 1980 beim Ökumenischen Weltgebetstag der Frauen.

Aufklärungsarbeit

Aktiv gegen die Ursachen von Menschenhandel und Prostitution anzugehen, darüber aufzuklären und sich für die betroffenen Frauen einzusetzen, war das Ziel der Gruppe. „Wir wollten nicht nur diakonisch arbeiten, sondern darüber öffentlich machen, was Europäer diesen Frauen antun“. Und so schreckten sie vor keinen provokativen Aktionen und Kontakten zurück. Sie führten Interviews mit Betroffenen auch aus dem Strichermilieu, sie präsentierten auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Frankfurt eine „Peepshow“, die viele neugierige Männer anlockte und zeigten einen Film über den Arbeitstag einer Prostituierten. Sie standen in Kontakt mit dem Frankfurter Selbsthilfeprojekt „Huren wehren sich gemeinsam“.

Vom Ehrenamt zum Hauptamt

Bis 1987 wurde die Beratung und Betreuung der Migrantinnen ausschließlich durch ehrenamtlichen Einsatz geleistet. Dank einer finanziellen Unterstützung durch den Weltgebetstag konnte im Jahr 1987 eine hauptamtliche Stelle eingerichtet werden, die sich zwei Sozialberaterinnen teilten. In den folgenden Jahren professionalisierte sich die Arbeit der Beratungsstelle zunehmend und immer neue Arbeitsfelder im Zusammenhang mit den Themen Migration und Gewalt gegen Frauen kamen hinzu.

Modellprojekt in Hessen

1999 wurde die Fachberatung für Opfer von Menschenhandel in Hessen als Modellprojekt aufgebaut und die Ökumenische Asiengruppe wurde vom Land Hessen beauftragt, die Arbeit gegen Menschenhandel in Hessen zu koordinieren.

vier Frauen mittleren Alters schauen in die Kamera und stehen nebeneinander

FIM – Frauenrecht ist Menschenrecht e.V.

Der ehrenamtliche Vorstand von FIM 2017 (v.l.): Gudrun Reinhart, Monika Kittler, Vorsitzende Gertrud Mehrens und Brigitte Gößling, stellvertretende Vorsitzende.

FIM - Frauenrecht ist Menschenrecht e.V.

Im Jahr 2001 wurde der Erweiterung der Tätigkeitsfelder und der Zielgruppen durch eine erneute Namensänderung Rechnung getragen: Aus der „Ökumenischen Asiengruppe e.V.“ wurde FIM – Frauenrecht ist Menschenrecht e.V., in dessen Vorstand Brigitte Gößling bis heute tätig ist.

Im Jahr 2004 dehnte FIM infolge der Insolvenz der Beratungsstelle agisra – Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung - die Beratung auf Migrantinnen aus Afrika und Lateinamerika aus.

Entwicklung zum interkulturellen Beratungszentrum

Die in den Anfängen durch enormes ehrenamtliches Engagement getragene Initiative zur Unterstützung von thailändischen Migrantinnen und zur gesellschaftskritischen Arbeit gegen Sextourismus entwickelte sich zunehmend zu einem interkulturellen Beratungszentrum für Migrantinnen und ihre Familien aus aller Welt.

Rund 1.000 Frauen und ihre Familien aus 70 verschiedenen Herkunftsländern wurden jedes Jahr beraten. Neben dem eigenen interkulturellen Team von rund 20 Personen arbeitete FIM eng zusammen mit einem Netz aus Dolmetscherinnen und Multiplikatorinnen aus den Migrantinnennetzwerken.

Das Engagement lässt nicht nach

Auch die Arbeit wurde weiter ausgedehnt, heute gehört Bildungsarbeit für Migrantinnen, der Einsatz für den Schulzugang von Flüchtlingskindern, der Kampf gegen Genitalverstümmelung und gegen Gewalt „im Namen der Ehre“ und viele weitere Themen und Projekte dazu. Zu verdanken ist dies den haupt- und ehrenamtlich tätigen Frauen, die in ihrem Engagement für Frauenrechte nicht nachlassen.

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