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Fasten – Platz schaffen für das Wesentliche
veröffentlicht 01.03.2025
von Rita Haering
Längst haben auch evangelische Christ:innen das Fasten für sich entdeckt. Dabei geht es nicht nur um Verzicht, sondern um Raum zu schaffen für tiefgreifende spirituelle Erfahrungen.
Eben noch einen Kreppel vernascht – und schon steht der Aschermittwoch vor der Tür. Dann beginnt die Passionszeit und damit auch die Fastenzeit. Vor allem in der katholischen Kirche gehört es zur Tradition, bis Ostern auf Genüsse wie Süßigkeiten oder Alkohol als äußere Zeichen der Buße und Besinnung zu verzichten. Längst erlebt das Fasten breite gesellschaftliche Zustimmung, wobei es aber oft um Gewichtsreduktion und den gesundheitlichen Aspekt des Fastens geht. So sind Basenfasten oder Fasten nach Buchinger besonders beliebt.
Zeit für Reflexion und intensive Glaubenspraxis
Im Christentum fasten die Gläubigen jedoch aus religiösen Gründen. Aus Trauer über den Tod Jesu am Karfreitag beginnen vor allem einige katholische Christ:innen ab Aschermittwoch weniger zu essen und auf Genussmittel zu verzichten. Das Fasten ist ein äußeres Zeichen dafür, dass die Gläubigen in dieser Zeit über ihren Lebensstil und ihre eigenen Entscheidungen nachdenken, Mitgefühl für den leidenden Jesus und heute leidende Menschen empfinden, Veränderungen anstoßen wollen und sich auf Ostern vorbereiten. Kinder und Jugendliche sind vom Fasten ausgenommen, können aber über die Praxis informiert und langsam herangeführt werden. In der katholischen Kirche sind Aschermittwoch und Karfreitag gebotene Fastentage.
epd-Video: Was hat Fasten mit Glauben zu tun?
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Reformation: Kritik am Fasten von evangelischer Seite
Der Reformator Martin Luther hatte sich jedoch gegen den Zwang zum Fasten ausgesprochen. Doch durch die protestantische Aktion "7 Wochen ohne" und das ökumenische Klimafasten interessieren sich evangelische Christ:innen wieder verstärkt für das Fasten.
Heute: Fasten unter evangelischen Vorzeichen
Raum schaffen für Gott
Manche Protestanten, die sich zum Fasten entschlossen haben, orientieren sich an einem Ziel: Sich leer machen, sich selbst zurücknehmen. Sie gehen davon aus: Wenn Gott sich meldet, findet er dann etwas vor, wo er einkehren kann. Nur so kann man darauf hören, was er von einem will. Wenn jemand noch „voll“ von äußeren Reizen, Essen oder zugedeckt mit Terminen ist, kann er kaum mehr etwas aufnehmen. Worauf man verzichtet, kann jeder selbst wählen. Fastende Protestant:innen entscheiden sich beispielsweise neben dem Weglassen von Alkohol oder Süßigkeiten dafür, sich weniger von äußeren Reizen überfluten zu lassen. Dafür konzentrieren sie sich intensiver auf biblische Texte. Dabei geben sie sich die Zeit, auf die Einsicht zu warten, wie sie die Bibelstelle mit ihrem Leben verknüpfen können.
Wie spricht Gott mit mir?
Wenn der Sinn des Fastens darin besteht, sich auf Gott zu konzentrieren, geschieht dies beispielsweise im Gebet oder während einer Meditation. Nach den Erfahrungen von Fastenden können dann Einsichten allmählich in einem selbst wachsen. Wer während der Fastenzeit meditiert, beschäftigt sich intensiv mit einem biblischen Text oder einem Bild und lässt auf sich zukommen, was es in einem auslöst. Dabei geht es nicht so sehr um aktives Denken, sondern viel mehr um empfangen.
Konkrete Tipps zum Fasten
- Täglich zehn Minuten für Meditation oder Gebet einplanen.
- Bewusst unter Berücksichtigung der eigenen Gesundheit wählen, worauf verzichtet werden soll:
- Süßigkeiten, Chips, etc.
- Alkohol
- Fettige und stark verarbeitete Lebensmittel
- Intensiver Smartphone-Konsum
- TV-Konsum
- Gaming-Konsum
- Zigaretten
- Zu viel Zeit auf der Couch
- Unkontrollierte Emotionen
Gewonnenen Raum während der Fastenzeit füllen:
- Mitmachen bei evangelischen Fastenaktionen wie „7 Woche ohne“ und „Klimafasten“
- Unverarbeitete Lebensmittel wie frisches Obst und Gemüse essen.
- Kräuter- oder Früchtetees genießen.
- Zeit in der Natur verbringen, z.B. bei Pilgerspaziergängen.
- Bibelstellen lesen und Bücher, die inspirieren und bereichern.
- Kreative Tätigkeiten wie Malen, Schreiben oder Musizieren ausüben und mit Glaubensinhalten verbinden wie Bible-Journaling oder Bible-Lettering.
- Zeit mit Familie und Freunden verbringen, um tiefe Gespräche zu führen.
- Achtsamkeitsübungen, christliche Meditation oder christliches Yoga praktizieren, um den Geist zu beruhigen.
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