Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Kirche inmitten von Bäumen

© Annegret Rach

Die Johanneskirche in Bad Nauheim (Archivbild)

Kirche zu verschenken: Wohnprojekt für junge Menschen mit Handicap

veröffentlicht 04.12.2024

von Caroline Schröder

Kirchengemeinde Bad Nauheim der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) verschenkt die Johanneskirche an Förderverein Inklusion e.V. für einen Euro. Die Entscheidung ist Teil des Transformationsprozesses ekhn2030. Sie ist ungewöhnlich, weil Kirchgebäude normalerweise nicht abgegeben werden, sondern im Rahmen von „Kirche kann mehr“ in ihrer Nutzung angereichert werden.

„Im Nachbarschaftsraum haben wir mehr als genug Kirchen, diese hier kann besser andere Aufgaben übernehmen“ – das ist die Quintessenz der Überlegungen im Kirchenvorstand der Gemeinde Bad Nauheim-Kernstadt. Deshalb hat der Kirchenvorstand am Montag, 2. Dezember, einstimmig die Entscheidung getroffen, die 1899 erbaute Johanneskirche für einen symbolischen Euro an den Förderverein Inklusion e.V. zu verschenken.

Die Entscheidung fiel im Rahmen einer Gebäude-Evaluation, die Teil des Transformationsprozesses ekhn2030 ist. Der Gebäude-Prozess befindet sich noch ganz am Anfang, die Gemeinden des Dekanats Wetterau sind mit die ersten, die ihn durchlaufen. Momentan ist die Erwartung, dass von den 1200 Kirchen, die im Besitz der Kirchengemeinden der EKHN sind, nur sehr wenige in Zukunft keine landeskirchlichen Zuschüsse mehr erhalten werden. Ausgewählte und dafür geeignete Kirchen sollen in ihrer Nutzung angereichert werden, indem zum Beispiel Verwaltungs- und Versammlungsflächen direkt in die Kirchen integriert werden.

„Schon seit 15 Jahren wissen wir, dass die Johanneskirche in ihrem jetzigen Zustand keine Zukunft haben kann. Viele Ideen wurden in etlichen Arbeitsgruppen entwickelt – und immer fehlten die Euros zu ihrer Umsetzung. Wir denken im Nachbarschaftsraum und haben hier andere Kirchen ähnlicher Größe, die wir behalten möchten. Auf die Johanneskirche zu verzichten, ist da nur konsequent und letztlich auch klug“, sagt Ulrich Schröder, Vorsitzender des Kirchenvorstands der Gemeinde Bad Nauheim.

Pfarrerin Meike Naumann ergänzt: „Im Kirchenvorstand waren wir uns schnell einig, das Projekt des Vereins zu unterstützen. Wohnen für Menschen mit Beeinträchtigungen ist in unserer Gesellschaft sehr schwer. Das zu unterstützen ist Diakonie im ganz unmittelbaren Sinne. Und dafür steht die evangelische Kirche.“

Weiternutzung der Johanneskirche als Wohngemeinschaft für junge Menschen mit Handicap

So soll die Kirche im Sinne einer Gemeinwesenorientierung sinnvoll weiterverwendet werden: Wo früher Trauungen und Taufen sowie Gottesdienste und Konzerte stattfanden, soll in Zukunft eine Wohngemeinschaft für junge Menschen ab 18 Jahren mit Handicap entstehen. So soll ihnen die Möglichkeit eröffnet werden, ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Der Förderverein wird das Wohnprojekt über eine neu gegründete gemeinnützige Projektgesellschaft umsetzen. Neubau und denkmalgeschützte Johanneskirche sollen zu einem einzigartigen, klosterähnlichen Ensemble gestaltet werden. Acht bis zehn Wohnplätze sollen hier entstehen. Der Förderverein plant, 2,5 Mio. Euro zu investieren, um das Projekt zu realisieren.

Andreas Weigand, Vorstandsmitglied des Fördervereins Inklusion e.V., kommentiert: „Die ‚Villa Viktoria‘ ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie ehemalige Kirchengebäude sinnvoll umgenutzt werden können, um drängende soziale Aufgaben zu bewältigen. Durch die Kombination aus architektonischer Umgestaltung, professioneller Betreuung und sozialer Integration wird nicht nur den Bewohnern geholfen, sondern auch ein Beitrag zum Gemeinschaftsleben in Bad Nauheim geleistet.“

Die Stadt Bad Nauheim beteiligt sich ebenfalls an dem Vorhaben, in dem sie die für das Bauvorhaben erforderlichen Nachbargrundstücke zu einem vergünstigten Preis abgibt. Bürgermeister Klaus Kreß dazu: „Ich bedauere zwar, dass das Herzensprojekt Hospiz an dieser Stelle aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert werden konnte. Gleichzeitig freue ich mich sehr, dass die altehrwürdige Johanneskirche nicht nur aus denkmalpflegerischer Sicht eine würdevolle Nachnutzung erfährt. Ein weiterer Baustein hin zu einer inklusiven Stadtgesellschaft wird so gesetzt. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die Garant für die erfolgreiche Umsetzung dieses Projektes ist.“

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