Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Grafik: Ein junger Mann und eine junge Frau mit Fragezeichen in Gedankenblasen, dahinter ein Camouflage-Muster

© gettyimages, rudzhan, nagiev enjoynz

Eine wichtige Entscheidung: Ja oder nein zum Wehrdienst? Die evangelische Kirche begleitet bei der Entscheidung

Wehrdienst oder Kriegsdienstverweigerung? So findest du deinen Weg

veröffentlicht 24.06.2025

von Online-Redaktion der EKHN, RH, SML

Du bist 18 – und bekommst einen Brief vom Bundesverteidigungsministerium? Dann geht es um mehr als nur Papierkram: Es geht um dich. Um deine Haltung. Um deine Entscheidung. Willst du Wehrdienst leisten – oder lieber den Dienst an der Waffe verweigern? Die evangelische Kirche bietet dir Beratung, Orientierung und seelsorgliche Begleitung.

Dein 18. Geburtstag – und plötzlich kommt Post vom Bund? Ab Herbst 2025 könnte genau das passieren. Denn das Bundesverteidigungsministerium plant, alle 18-Jährigen anzuschreiben – mit einem Brief, der einen QR-Code enthält. Der führt zu einem Online-Fragebogen, den junge Männer ausfüllen müssen. Für Frauen und Personen anderen Geschlechts ist das freiwillig.

Hintergrund: Die Bundeswehr braucht mehr Personal. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat angekündigt, den Wehrdienst zunächst freiwillig zu gestalten – aber deutlich attraktiver zu machen. Wer sich meldet, kann später zu einem sogenannten Assessment eingeladen werden. Und spätestens dann stellt sich die Frage: Willst du Wehrdienst leisten? Oder lieber verweigern?

Die evangelische Kirche lässt dich mit dieser Entscheidung nicht allein. Sie bietet dir Beratung, seelsorgliche Begleitung – und mit der Broschüre „Wehrdienst oder Kriegsdienstverweigerung? Finde DEINEN Weg!“ auch konkrete Impulse für deinen persönlichen Entscheidungsprozess.

Wichtig zu wissen: Der Wehrdienst startet freiwillig. Aber: Im geplanten Wehrdienstgesetz soll auch eine mögliche Pflicht verankert werden – für den Fall, dass sich nicht genug Freiwillige melden. Das Gesetz muss allerdings noch verabschiedet werden.

Häufige Fragen zum neuen Wehrdienst

Warum steigt die Bedeutung des Wehrdienstes?

2011 wurde die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt und anschließend mehr und mehr in Richtung einer Berufsarmee ausgebaut. 2024 kündigte der Verteidigungsminister bereits ein neues Wehrdienstmodell an. Der Grund: Die Bedrohungslage in Europa hat sich wegen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine verschärft. Deshalb möchte sich die Bundeswehr noch stärker auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausrichten. Laut Verteidigungsminister benötige die Bundeswehr etwa 60.000 aktive Soldatinnen und Soldaten zusätzlich. Laut Tagesschau sei das längerfristige Ziel, einen Stock von 200.000 Reservisten aufzubauen. Falls sich nicht genug Freiwillige melden, will der Bundesverteidigungsminister im geplanten Wehrdienstgesetz auch eine Wehrpflicht verankern.

Was steht im Brief des Verteidigungsministeriums?

In den Brief ist ein QR-Code integriert, der zu einem Online-Fragebogen führt. Die Fragen beziehen sich u.a. auf die Motivation und Qualifikationen.

Wer muss den Fragebogen ausfüllen – und wer nicht?

Für Männer ist die Teilnahme verpflichtend, für Frauen und Personen anderen Geschlechts freiwillig.

Was passiert nach dem Fragebogen?

Wer Bereitschaft signalisiert, wird möglicherweise zu einem sogenannten „Assessment“ eingeladen. Dort wird die Eignung für den Wehrdienst eingeschätzt.

Was passiert, wenn du für den Wehrdienst ausgewählt wirst?

Laut Bundesverteidigungsministerium soll der Neue Wehrdienst soll zwischen sechs und 23 Monate dauern. Den ausgewählten jungen Männern und Frauen steht die Möglichkeit offen, einen sechsmonatigen Grundwehrdienst oder bis zu insgesamt 23 Monate Wehrdienst zu leisten. Alle anderen möglichen Arten der Verpflichtung als Soldatin oder Soldat auf Zeit und als Berufssoldatin oder Berufssoldat haben weiter Bestand.

Ist die Wehrpflicht wieder da?

Noch nicht. Aber: Im neuen Wehrdienstgesetz soll eine mögliche Verpflichtung verankert werden – falls sich nicht genug Freiwillige melden. Das Gesetz muss noch verabschiedet werden.

Kannst du schon mit 17 Jahren zur Bundeswehr gehen?

Man kann in der Bundewehr bereits mit 17 Jahren Soldatin und Soldat werden. Davon raten die Kirchen aber ab. Denn: Die UN Kinderrechtskonvention ächtet die Rekrutierung Minderjähriger. Deshalb fordern die Kirchen, dass sich auch die Bundesrepublik daran halten soll. Grundsätzlich sind alle Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an wehrpflichtig.

Wehrdienst ja oder nein? Deine Entscheidungshilfe: Die Broschüre der EAK

Eine erste Orientierung kann dir die Broschüre „Wehrdienst oder Kriegsdienstverweigerung? Finde DEINEN Weg!“ geben. Sie wurde herausgegeben von der Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK). Sie enthält rechtliche Hinweise, persönliche Berichte und ethische Orientierung. Ziel der Broschüre ist es, jungen Menschen eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu geben und sie zu ermutigen, Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit zu übernehmen.

Kannst du auch Nein sagen? – Dein Recht auf Kriegsdienstverweigerung

Es besteht das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Laut der EAK (Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden) steht das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung in der momentanen Debatte nicht zur Diskussion.

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Friedlicher Dienst statt Wehrdienst: Welche Alternativen hast du?

Ja, das sind die zivilen Friedens- und Freiwilligendienste. Es werden Friedensfachkräfte gebraucht, die einen Beitrag zur gewaltlosen Bearbeitung und Lösung von Konflikten leisten. So ist der Zivile Friedensdienst (ZFD) für die Friedensförderung und Gewaltprävention tätig. Vor allem ist er in Krisen- und Konfliktregionen aktiv, um beispielsweise verfeindete Gruppen in Kontakt zu bringen, Interessen auszubalancieren, um so Versöhnung und friedliches Zusammenleben wieder zu ermöglichen.

Was erwartet dich beim Wehrdienst? Ein realistischer Blick

Damit du dir vorstellen kannst, was dich beim Wehrdienst erwartet, wird dir die Bundeswehr ein breites, digitales Informationsangebot bereitstellen. Als Friedenspfarrerin hat sich Sabine Müller-Langsdorf auch mit dem Wehrdienst auseinandergesetzt. Sie ist Beauftragte für Friedensarbeit im Zentrum Oekumene der EKKW und EKHN. So weiß sie, dass die Bundeswehr interessante Anreize schafft, um mehr Mensch für den Wehrdienst zu gewinnen - wie beispielsweise einen kostenlosen Führerschein. Die Friedenspfarrerin macht deutlich, worüber du dir aber bewusst sein solltest: „Klar ist, dass dieser Beruf ein besonderer ist. Soldatinnen und Soldaten nehmen im Ernstfall das Töten und Getötet werden in Kauf.“

Was gibt dir Halt, wenn du dich für den Wehrdienst entschieden hast?

Auch wenn du dich für den aktiven Dienst bei der Bundeswehr entschieden hast, bist du nicht allein. Die evangelische Kirche begleitet dich weiter – mit Angeboten, die auf deine Situation zugeschnitten sind.

Die Militärseelsorge ist für alle Soldatinnen und Soldaten da – unabhängig von Konfession oder persönlichem Glauben. Sie bietet Gespräche, Gottesdienste, Begleitung im Einsatz und Unterstützung bei Fragen, die dich innerlich bewegen. Ob im Grundbetrieb oder im Auslandseinsatz: Die Seelsorger:innen sind ansprechbar – vertraulich, freiwillig und auf Augenhöhe.

Impulse für deinen Alltag als Soldat oder Soldatin findest du auch in den Publikationen des „Evangelischen Magazins für junge Soldatinnen und Soldaten“. Dort gibt es Texte, Videos und Erfahrungsberichte, die zeigen, wie Glaube, Zweifel und Dienst miteinander ins Gespräch kommen können. 

Wie stehen evangelische Friedensverbände zum Wehrdienst?

Die Friedensverbände Aktionsgemeinschaft Dienst für die Frieden (AGDF) und Evangelische Arbeitsgemeinschaft für KDV und Frieden (EAK) fordern, dass die Kirche den jungen Menschen in ihrer Entscheidungsfindung zur Seite stehen sollten. Zudem regen sie eine gesellschaftliche Debatte um Sicherheit und Frieden, um Schutz- und Verteidigungskonzepte an. Die Verbände fordern, sich in der öffentlichen Diskussion für verbesserte Bedingungen für ehrenamtliches, freiwilliges Engagement, für einen Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst und eine umfassende Information und Beratung junger Menschen stark zu machen. Zugleich setzen sie sich dafür ein, dass zivile Friedensdienste größere Anerkennung und Unterstützung durch Staat und Gesellschaft erfahren.

Ein Kommentar auf Indeon zeigt eine ergänzende Sichtweise

Persönliches Beratungsangebot für dich:

Möglicherweise stehst du in Zukunft vor einer sehr wichtigen Entscheidung, die sich auf deinen Lebensweg auswirken wird: Möchtest du den Dienst an der Waffe antreten? Könntest du das mit deinem Gewissen vereinbaren? Mit diesen entscheidenden Fragen musst du nicht allein bleiben, denn ein Beratungsangebot der evangelischen Kirche kann dich dabei unterstützen, damit du zu einer Entscheidung kommst, die zu dir passt. Die „Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden" berät kostenlos und bietet seelsorgerliche Begleitung an:

Daniel Untch

Referent Gerechtigkeit - Frieden - Globales Lernen

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