Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Grafik: Ein junger Mann und eine junge Frau mit Fragezeichen in Gedankenblasen, dahinter ein Camouflage-Muster

© gettyimages, rudzhan, nagiev enjoynz

Eine wichtige Entscheidung: Ja oder nein zum Wehrdienst? Die evangelische Kirche begleitet bei der Entscheidung

Wehrdienst oder Kriegsdienstverweigerung? So findest du deinen Weg

veröffentlicht 14.11.2025

von Online-Redaktion der EKHN, RH, SML

Du bist männlich und ab dem 1. Januar 2008 geboren? Dann wird es so sein, dass Du über kurz oder lang zur Musterung gehen musst. Denn die Koalition hat sich darauf geeinigt, dass es ein neues Gesetz für den Wehrdienst geben soll. Vielleicht denkst du schon jetzt darüber nach: Willst du Wehrdienst leisten – oder lieber den Dienst an der Waffe verweigern? Die evangelische Kirche bietet dir Beratung, Orientierung und seelsorgliche Begleitung.

Wenn du männlich bist und ab dem 1. Januar 2008 geboren wurdest, könnte dich bald eine Einladung zur Musterung erreichen.

Hintergrund: Die Bundeswehr braucht mehr Personal. Zunächst bleibt der Wehrdienst freiwillig, zur Musterung wirst du aber gehen müssen als „Wehrpflichtiger“. Wenn du tauglich gemustert bist, dann kannst du entscheiden: . Willst du Wehrdienst leisten? Oder lieber verweigern?

Die evangelische Kirche lässt dich mit dieser Entscheidung nicht allein. Sie bietet dir Beratung, seelsorgliche Begleitung – und mit der Broschüre „Wehrdienst oder Kriegsdienstverweigerung? Finde DEINEN Weg!“ auch konkrete Impulse für deinen persönlichen Entscheidungsprozess.

Häufige Fragen zum neuen Wehrdienst

Warum steigt die Bedeutung des Wehrdienstes?

2011 wurde die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt und anschließend mehr und mehr in Richtung einer Berufsarmee ausgebaut. Doch jetzt ist ein Gesetz für einen neuen Wehrdienst geplant. Der Grund: Die Bedrohungslage in Europa hat sich wegen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine verschärft. Deshalb möchte sich die Bundeswehr noch stärker auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausrichten. In Medienberichten ist von einem möglichen Ausbau der Bundeswehr auf bis zu 270.000 Soldatinnen und Soldaten die Rede. Laut Tagesschau sei das längerfristige Ziel, einen Stock von 200.000 Reservisten aufzubauen. Falls sich nicht genug Freiwillige melden, soll die sogenannte Bedarfswehrpflicht greifen. Damit sie in Kraft treten kann, muss eine Mehrheit im Bundestag zustimmen – vorausgesetzt, die Sicherheitslage oder die Personalsituation machen dies erforderlich.

Was bedeutet die Musterung?

Nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung soll die Musterung für junge Männer ab Jahrgang 2008 verpflichtend werden.

Die Musterung ist eine medizinische und persönliche Untersuchung, bei der festgestellt wird, ob du grundsätzlich für den Wehrdienst geeignet bist. Du bekommst dazu einen Fragebogen einer Behörde der Bundeswehr. Danach kann es zu einer Einladung zur Untersuchung kommen. Dort werden Fragen zu körperlichen  Verfassung gestellt, zur Schul-und Berufsausbildung und zur weiteren Eignung für eine Verwendung bei der Bundeswehr.

Wichtig: Die Musterung bedeutet nicht, dass du automatisch zum Wehrdienst musst. Sie dient vor allem dazu, die Einsatzfähigkeit zu prüfen und gezielt Freiwillige für den Dienst anzusprechen. Sie ist auch die Voraussetzung dafür, dass du den Wehrdienst verweigern kannst. Denn nur, wenn du überhaupt „tauglich“ für den Wehrdienst bist, könnte es geschehen, dass du in die Lage kommst, mit einer Waffe auf einen Menschen schießen zu müssen.

Ist der neue Wehrdienst freiwillig oder eine Pflicht?

Der Wehrdienst soll zunächst freiwillig bleiben – du entscheidest also selbst, ob du ihn leisten möchtest.

Was sich ändert: Nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung soll die Musterung für junge Männer ab Jahrgang 2008 verpflichtend werden.

Wenn sich nicht genug Freiwillige für die Bundeswehr melden und die Sicherheitslage es erfordert, kann der Bundestag eine sogenannte Bedarfswehrpflicht aktivieren.

Kannst du schon mit 17 Jahren zur Bundeswehr gehen?

Ja, du kannst dich bereits mit 17 Jahren freiwillig zur Bundeswehr melden – allerdings nur mit Zustimmung deiner Eltern. Die evangelischen Kirchen raten davon ab, denn die UN-Kinderrechtskonvention ächtet die Rekrutierung Minderjähriger. Deshalb fordern viele Organisationen, dass Deutschland sich an den internationalen „Straight-18“-Standard hält. Grundsätzlich gilt: Die geplante Musterungspflicht betrifft Männer ab dem vollendeten 18. Lebensjahr.

Wehrdienst ja oder nein? Deine Entscheidungshilfe: Die Broschüre der EAK

Eine erste Orientierung kann dir die Broschüre „Wehrdienst oder Kriegsdienstverweigerung? Finde DEINEN Weg!“ geben. Sie wurde herausgegeben von der Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK). Sie enthält rechtliche Hinweise, persönliche Berichte und ethische Orientierung. Ziel der Broschüre ist es, jungen Menschen eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu geben und sie zu ermutigen, Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit zu übernehmen. Bis Januar 2026 wird die Broschüre überarbeitet und die neue Gesetzgebung berücksichtigt.

Kannst du auch Nein sagen? – Dein Recht auf Kriegsdienstverweigerung

Es besteht das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Laut der EAK (Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden) steht das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung in der momentanen Debatte nicht zur Diskussion.

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Friedlicher Dienst statt Wehrdienst: Welche Alternativen hast du?

Ja, es gibt tatsächlich zivile Friedens- und Freiwilligendienste. Es werden Friedensfachkräfte gebraucht, die einen Beitrag zur gewaltlosen Bearbeitung und Lösung von Konflikten leisten. So ist der Zivile Friedensdienst (ZFD) für die Friedensförderung und Gewaltprävention tätig. Vor allem ist er in Krisen- und Konfliktregionen aktiv, um beispielsweise verfeindete Gruppen in Kontakt zu bringen, Interessen auszubalancieren, um so Versöhnung und friedliches Zusammenleben wieder zu ermöglichen. Verteidigungsminister Pistorius hat im Zuge des neuen Wehrdienstes auch eine deutliche Aufstockung der Freiwilligendienste angekündigt.

Was erwartet dich beim Wehrdienst? Ein realistischer Blick

Damit du dir vorstellen kannst, was dich beim Wehrdienst erwartet, stellt die Bundeswehr ein breites, digitales Informationsangebot bereit. Als Friedenspfarrerin hat sich Sabine Müller-Langsdorf auch mit dem Wehrdienst auseinandergesetzt. Sie ist Beauftragte für Friedensarbeit im Zentrum Oekumene der EKKW und EKHN. So weiß sie, dass die Bundeswehr interessante Anreize schafft, um mehr Menschen für den Wehrdienst zu gewinnen - wie beispielsweise einen kostenlosen Führerschein. Die Friedenspfarrerin macht deutlich, worüber du dir aber bewusst sein solltest: „Klar ist, dass dieser Beruf ein besonderer ist. Soldatinnen und Soldaten nehmen im Ernstfall das Töten und Getötet werden in Kauf.“

Was gibt dir Halt, wenn du dich für den Wehrdienst entschieden hast?

Auch wenn du dich für den aktiven Dienst bei der Bundeswehr entschieden hast, bist du nicht allein. Die evangelische Kirche begleitet dich weiter – mit Angeboten, die auf deine Situation zugeschnitten sind.

Die Militärseelsorge ist für alle Soldatinnen und Soldaten da – unabhängig von Konfession oder persönlichem Glauben. Sie bietet Gespräche, Gottesdienste, Begleitung im Einsatz und Unterstützung bei Fragen, die dich innerlich bewegen. Ob im Grundbetrieb oder im Auslandseinsatz: Die Seelsorger:innen sind ansprechbar – vertraulich, freiwillig und auf Augenhöhe.

Impulse für deinen Alltag als Soldat oder Soldatin findest du auch in den Publikationen des „Evangelischen Magazins für junge Soldatinnen und Soldaten“. Dort gibt es Texte, Videos und Erfahrungsberichte, die zeigen, wie Glaube, Zweifel und Dienst miteinander ins Gespräch kommen können. 

Wie stehen evangelische Friedensverbände zum Wehrdienst?

Die Friedensverbände Aktionsgemeinschaft Dienst für die Frieden (AGDF) und Evangelische Arbeitsgemeinschaft für KDV und Frieden (EAK) fordern, dass die Kirchen den jungen Menschen in ihrer Entscheidungsfindung zur Seite stehen sollten. Zudem regen sie eine gesellschaftliche Debatte um Sicherheit und Frieden, um Schutz- und Verteidigungskonzepte an. Die Verbände fordern, sich in der öffentlichen Diskussion für verbesserte Bedingungen für ehrenamtliches, freiwilliges Engagement, für einen Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst und eine umfassende Information und Beratung junger Menschen stark zu machen. Zugleich setzen sie sich dafür ein, dass zivile Friedensdienste größere Anerkennung und Unterstützung durch Staat und Gesellschaft erfahren.

Ein Kommentar auf Indeon zeigt eine ergänzende Sichtweise:

Persönliches Beratungsangebot für dich:

Möglicherweise stehst du in Zukunft vor einer sehr wichtigen Entscheidung, die sich auf deinen Lebensweg auswirken wird: Möchtest du den Dienst an der Waffe antreten? Könntest du das mit deinem Gewissen vereinbaren? Mit diesen entscheidenden Fragen musst du nicht allein bleiben, denn ein Beratungsangebot der evangelischen Kirche kann dich dabei unterstützen, damit du zu einer Entscheidung kommst, die zu dir passt. Die „Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden" berät kostenlos und bietet seelsorgerliche Begleitung an:

Pfarrerin Sabine Müller-Langsdorf

Referentin Gerechtigkeit - Frieden - Globales Lernen

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