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80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg: Als Mensch unter Menschen leben
veröffentlicht 07.05.2025
von Pressestelle der EKHN
Gedenken und Gottesdienst in der Heiliggeistkirche Frankfurt mit Kirchenpräsidentin Christiane Tietz
Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Dieser Tag bedeutete das Ende von Zerstörung, Gewalt, Angst und Schrecken. Er bedeutete das Ende des Holocaust. Und er bedeutete das Ende des Naziregimes in Deutschland und die Rückkehr zu Demokratie und Menschenrechten.
Die Frühjahrssynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) beginnt in diesem Jahr genau am 8. Mai. Ein guter Grund, um im Auftaktgottesdienst um 9.30 Uhr in der Frankfurter Heiliggeistkirche der Bedeutung dieses Tages zu gedenken. Es predigt Kirchenpräsidentin Christiane Tietz zu Micha 6,1-8.
Gegen das Vergessen hilft das Erinnern
„Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Menschheitsfamilie davon überzeugt, dass es klar ist, was gut ist. Die Gräuel des Krieges mit 60 Millionen Toten, der Verfolgung und Ermordung von sechs Millionen Juden, Sinti, Roma und anderen Minderheiten, Flucht und Zerstörung hatten ihr vor Augen gestellt, was passiert, wenn Menschen nicht mehr menschlich miteinander umgehen“, so Christiane Tietz. Gleichzeitig mahnt sie: „Seit 1945 gab es mehr als 200 Kriege. Offenbar geht die Klarheit, was gut ist, schnell wieder verloren. Das Gedächtnis des Menschen für Erfahrung von Leid und für die Befreiung davon ist anscheinend kurz.“
Der Prophet Micha erzähle im von Tietz ausgewählten Predigttext von einem ähnlichen Vergessen. Dort erinnere Gott sein Volk an das Schlimme, was es erlebt habe, und an die Befreiung daraus. Und daran, dass es dem Menschen immer wieder gesagt werden muss, was gut ist: „Der Herr fordert von dir nichts als Recht und Gerechtigkeit tun und Güte lieben und besonnen gehen mit deinem Gott.“
„Gegen das Vergessen hilft das Erinnern. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch weiter an den Zweiten Weltkrieg und sein Ende erinnern“, so Tietz. Erinnerung müsse aufrecht erhalten werden, um jedem einzelnen klarzumachen, nicht Wolf unter Wölfen, sondern Mensch unter Menschen zu sein. „Darin liegt ein erhebliches Potenzial für Frieden. Es bedeutet, sich klarzumachen, dass sich selbst im Krieg auf beiden Seiten Menschen, keine Monster gegenüberstehen. Nur so kann es gelingen, irgendwann in Friedensverhandlungen einzutreten und auf einen Weg der Versöhnung zu treten“, betont Christiane Tietz.
Video: Zusammenfassung der Frühjahrssynode 2025
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